Warum gibt es so wenig Diversität in Führungspositionen? Warum werden Bewerbungen aufgrund des Namens aussortiert? Häufig beeinflussen unbewusste Vorurteile unsere Entscheidungen. Mit strukturierten Prozessen und Selbstreflexion könnt ihr sie überwinden.
Viele Unternehmen wissen, dass es nicht nur fürs Image gut ist, beim Personal auf Diversity zu setzen: Organisationen arbeiten produktiver und kreativer, wenn sie unterschiedliche Perspektiven abbilden. Sie suchen daher gern mit aufwendigem Employer Branding nach den „besten Talenten da draußen“, aber am Schluss werden doch immer wieder ähnliche Leute eingestellt, befördert oder in wichtige Positionen gesetzt.
Das liegt meistens nicht daran, dass Personaler*innen und Führungskräfte Menschen bewusst diskriminieren oder ausschließen wollen, sondern an unbewusst wirkenden Vorurteilen: dem sogenannten Unconscious Bias.
Was ist der Unconscious Bias?
Der Begriff beschreibt eine unbewusste Voreingenommenheit gegenüber Personen und Gruppen. Wir haben ein bestimmtes Denkmuster im Kopf und orientieren uns automatisch daran, ohne die Lage bewusst zu analysieren. Das Denken in Kategorien und Vorurteilen ist ganz natürlich und teilweise sogar notwendig, denn es folgt dem sogenannten Ökonomieprinzip: Für unser Gehirn reduziert es Komplexität und spart dort Energie. Im Englischen werden unbewusste Vorurteile deshalb auch als shortcuts beschrieben, also Abkürzungen. Dadurch ist unsere Wahrnehmung verzerrt. Auch wenn wir solche automatischen Denkmuster meist gar nicht bemerken, beeinflussen sie unser Verhalten. Dies führt aber im Arbeitsleben auch dazu, dass andere ausgeschlossen werden. Diesen Bias zu reduzieren, ist deswegen sowohl eine individuelle Aufgabe von uns allen, aber auch eine, der sich Organisationen stellen müssen – mit viel Struktur und Konsequenz.
Unbewusste Vorurteile sind individuell verschieden und geprägt durch unsere Herkunft, unser soziokulturelles Umfeld, persönliche Erfahrungen, gesellschaftliche Werte und Meinungen. Häufig bezieht sich dieses Schubladendenken auf soziale Merkmale wie Geschlecht, Alter, Herkunft, Ethnie, Religion, sexuelle Orientierung, Aussehen oder Gesundheit anderer Menschen. Unbewusste Vorurteile können dabei sogar von bewussten Werten abweichen.1 Selbst wenn wir uns selbst als antirassistisch eingestellt betrachten, kann es passieren, dass wir Kolleg*innen mit Migrationsgeschichte unbewusst anders bewerten.
Was ist der Unconscious Bias?
Typische Unconscious Bias in Organisationen
Auch die jeweilige Unternehmenskultur prägt individuelle Bias. Manche Organisationen sehen Wandel als Chance, andere als Bedrohung. Manche setzen auf Hierarchie, andere auf Selbstorganisation – und präferieren dann auch Mitarbeiter*innen, die diesen Werten entsprechen. Die Vorurteile werden besonders deutlich, wenn Stellen neu besetzt werden, Beförderungen anstehen oder Projekte intern oder extern vergeben werden.
Ein*e Personaler*in, der*die vor einem Postfach voller Bewerbungen sitzt, muss aussortieren. Beim Sichten der Bewerbungen fließen seine*ihre unbewussten Voreingenommenheiten mit ein. Ist die Organisation beispielsweise eher hierarchisch und männlich geprägt, schließt er*sie Bewerbungen von Frauen auf Führungspositionen womöglich schneller aus. Denn wenn bisher auf solchen Positionen junge weiße Männer erfolgreich waren, filtert das Gehirn nach jungen weißen Männern.
Zahlreiche Studien belegen, dass implizite Vorurteile, die z.B. auf Basis von Namen oder Fotos gefällt werden, Karrierechancen öffnen oder verwehren können. Für ein Experiment der New York University etwa schickten Forschende im Namen imaginärer Studierender identische E-Mails an 6.500 Hochschul-Professor*innen. Die Absender*innen baten um ein Treffen, um Promotionsmöglichkeiten zu besprechen, lediglich ihre Namen unterschieden sich. Die mit Abstand höchste Wahrscheinlichkeit auf eine Antwort hatten die E-Mails, deren Absender einen männlich und weiß klingenden Namen hatten.2 Dieses Phänomen lässt sich auch in Deutschland beobachten, wo etwa Bewerber*innen mit türkischen Namen gegenüber denjenigen mit deutschem Namen bei der Chance auf einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz benachteiligt werden.3
Und noch weitere Formen von Vorurteilen, bei denen das Gehirn vereinfachende Muster abspielt, können Entscheidungen beeinflussen: Das Phänomen, dass wir Personen bevorzugen, die uns ähnlich sind, bezeichnet man beispielsweise als Affinity Bias. Eine Kandidatin für eine Beförderung hat dasselbe Hobby wie die Führungskraft? Das kann ihre Chancen erhöhen. Der Confirmation Bias wiederum lässt uns Informationen so bewerten, dass sie unsere bereits vorhandene Meinung bestätigen. Ein Bewerber hat sein Studium abgebrochen? Wer darin Unentschlossenheit sieht, wird sie durch mehrere Jobwechsel im Lebenslauf bestätigt sehen.
„Gerade im Bereich HR sehen viele ihre Expertise im Bauchgefühl“, sagt Alexandra Kammer, Gründerin der HR-Softwarefirma Aivy, die Chancengleichheit in Organisationen fördern will. Sie erklärt: „Bauchgefühl ist das, was passiert, wenn wir unser Gehirn quasi unkontrolliert losrennen lassen.“ Deshalb sollten wir unser Bauchgefühl immer hinterfragen. Warum eigentlich fühle ich mich mit einer bestimmten Person wohl oder unwohl?
Häufige kognitive Verzerrungen und Beurteilungsfehler
- Primacy Bias (Primäreffekt): Im ersten Eindruck gewonnene Informationen haben einen stärkeren Einfluss auf die Gesamtbeurteilung als nachfolgende Informationen.
Beispiel: Zu Anfang des Bewerbungsgesprächs zittert die Stimme der Kandidatin und sie hält dem Augenkontakt nicht stand. Dadurch wird sie insgesamt als zurückhaltend eingestuft. - Halo Effect (Heiligenschein-Effekt): Aus einer positiv wahrgenommenen Eigenschaft einer Person wird geschlossen, dass sie auch andere gute Eigenschaften hat. Beispiel: Ein Kandidat ist besonders attraktiv und wird daher auch als sympathisch und kompetent wahrgenommen.
- Horn Effect (Teufelshörner-Effekt): Eine negativ wahrgenommene Eigenschaft einer Person überschattet ihren Gesamteindruck. Beispiel: Einer Mitarbeiterin wird mangelnde Führungskompetenz unterstellt, weil sie in Meetings oft sehr zurückhaltend ist.
- Affinity Bias (Ähnlichkeitsfehler, auch Mini-Me-Effekt): Personen, die einem selbst in einem oder mehreren Merkmalen ähnlich sind, werden positiv bewertet. Beispiel: Eine Bewerberin wird bevorzugt, weil sie dieselbe Hochschule besucht hat und aus demselben Bundesland stammt wie der HR-Verantwortliche.
- Status Quo Bias (Macht der Gewohnheit): Positives Empfinden dem Status quo gegenüber schwächt Bereitschaft zur Veränderung. Beispiel: Ein langjähriger Mitarbeiter wird befördert, weil er „schon immer da war“ und sich die Führung an ihn gewöhnt hat, obwohl eine andere Person besser qualifiziert ist.
- Gender/Racial Bias: Vorurteile gegenüber marginalisierten Menschen beeinflussen die Wahrnehmung ihrer Fähigkeiten. Beispiel: Mitarbeiterinnen werden Führungskompetenzen abgesprochen und sie werden nicht für eine Beförderung in Betracht gezogen.
- Confirmation Bias (Bestätigungsfehler): Neue Informationen werden so interpretiert, dass sie die vorhandene Meinung bestätigen. Gleichzeitig werden widersprüchliche Informationen ignoriert oder abgewertet. Beispiel: Eine HR-Verantwortliche findet Personen, die eine Ausbildung abgebrochen haben, unentschlossen. Wenn eine Bewerberin, die einmal eine Ausbildung abgebrochen hat, dann beispielsweise viele Interessen hat, bewertet die HR-Verantwortliche dies nicht als offen und gewinnbringend für das Unternehmen, sondern als Bestätigung ihrer These, dass die Bewerberin unentschlossen ist.
- Conformity Bias („Gruppenzwang“): Entscheidungen werden auf Basis der Präferenzen des Umfelds getroffen statt auf Basis eigener Einschätzung. Beispiel: Alle Kolleg*innen bevorzugen einen bestimmten Lieferanten, obwohl es objektiv bessere Alternativen gibt, und die entscheidende Person folgt der Mehrheit – selbst wenn sie Zweifel hat.
- Illusory Correlation (Scheinhafte Korrelation): Es wird ein illusorischer statistischer Zusammenhang zwischen zwei oder mehreren Phänomenen hergestellt. Beispiel: Ein Manager bemerkt, dass einige seiner besten Mitarbeiterinnen an einer Elite-Universität wie Oxford waren und schließt daraus, dass alle Absolventinnen dieser Universität besonders talentiert sind.
- Contrast Bias (Kontrasteffekt): Die Leistung einer Person wird auf Basis des Kontrasts zur Leistung anderer beurteilt. Beispiel: Eine Kandidatin bekommt eine umso höhere Bewertung im Bewerbungsgespräch, je niedriger die Bewertung des Vorgängers war.
- Overconfidence Bias (Selbstüberschätzung): Eine Person überschätzt die eigenen Fähigkeiten, z.B. erfolgreiche Entscheidungen zu treffen. Beispiel: Eine erfahrene HR-Managerin glaubt, dass sie ein außergewöhnlich gutes Gespür dafür hat, ob jemand in das Unternehmen passt. Aufgrund dieser Überzeugung verlässt sie sich mehr auf ihren persönlichen Eindruck im Vorstellungsgespräch als auf strukturierte Bewertungskriterien oder Tests.
Diese Übersicht basiert auf Alexandra Kammers Input. 3
Das kannst du gegen Unconscious Bias tun
Jeder Mensch sollte hinterfragen, nach welchen Kriterien er bestimmte Situationen oder Personen bewertet. Es betrifft uns als Privatpersonen, aber z.B. auch als Journalist*innen, wenn wir Expert*innen zitieren. Für Personen in Organisationen mit Entscheidungsmacht über andere ist es unerlässlich, sich mit unbewussten Vorurteilen zu beschäftigen. Das sind alle, die mit Human Resources zu tun haben, Führungskräfte, die Mitarbeitenden Aufgaben und Positionen übertragen können, und diejenigen, die daran beteiligt sind, externe Aufträge zu vergeben.
Der erste und wichtigste Schritt, um Unconscious Bias zu reduzieren: Mach dir bewusst, dass du die Welt durch einen Filter siehst. Versuche, ehrlich zu reflektieren, welchen Personen(gruppen) gegenüber du in welchen Situationen voreingenommen bist. Vermutest du bei einem Dienstleister mit ausländischem Namen weniger Kompetenz? Ist dir eine Bewerberin, die auf derselben Uni war wie du, automatisch sympathisch?
Um diese Selbstreflexion mit Daten zu unterfüttern, mach eine ehrliche Bestandsaufnahme: Wessen E-Mails beantwortest du? An wen vergibst du Aufträge? Und wie divers ist dein persönliches Netzwerk? HR-Expertin Kammer leitet regelmäßig Diversity Workshops in Unternehmen und rät als ersten konkreten Schritt: „Diversifiziert heute noch eure Social Media Feeds.“ Falls du genauer wissen willst, wo du unbewusst voreingenommen bist: Es gibt wissenschaftlich entwickelte und anerkannte Implicit Association Tests, die implizite Vorurteile beispielsweise gegenüber Alter, Hautfarbe oder Gewicht erkennen können. 4
Insbesondere wer beruflich mit HR oder externer Auftragsvergabe zu tun hat, sollte die jeweiligen Gründe hinter der Entscheidung für oder gegen Kandidat*innen bewusst hinterfragen – und dabei unbedingt auch kulturelle Stereotype berücksichtigen. Ist das Berliner Start-up wirklich besser qualifiziert für den wichtigen Tech-Auftrag als der 55-jährige Programmierer aus der brandenburgischen Provinz? Es hilft, sich von Kandidat*innen einen zweiten Eindruck zu verschaffen und genau hinzuhören.
Unter Druck ist das oft besonders schwer. Zeitdruck, Leistungsdruck, Multitasking oder ein Risikoempfinden verstärken Bias oft. „In Drucksituationen suchen wir das, was uns Sicherheit gibt, und das sind eben bekannte Muster“, so Kammer. Versuche, wo es möglich ist, Druck zu reduzieren und Entscheidungsprozesse zu verlangsamen. Du kannst zum Beispiel um mehr Zeit bitten. Es kann auch helfen, vor einer Entscheidungssituation bewusst einen Moment durchzuatmen, um zur Ruhe zu kommen.

Das kann deine Organisation gegen Unconscious Bias tun
Um Diversity langfristig zu verankern, sind aber nicht nur Individuen, sondern vor allem Organisationen in der Verantwortung: Sie müssen ein Umfeld schaffen, das faire Chancen ermöglicht.
Eine Idee, um Bias im Arbeitsalltag sichtbar zu machen, kommt von den Organisationsentwicklerinnen Kim Scott und Trier Bryant.5 Sie schlagen vor, gemeinsam als Team ein Wort festzulegen, das ihr standardmäßig nutzt, um euch gegenseitig z.B. in Meetings knapp auf Aussagen hinzuweisen, die Bias enthalten. Die Autorinnen nutzen zum Beispiel „Purple Flag“ in ihrer Zusammenarbeit. Wenn jemand auf den Vorschlag, das Projekt einer jungen Kollegin zu geben, unbedacht sagt: „Wir brauchen eher jemanden Durchsetzungsstarken für die Projektleitung“, kann eine Kolleg*in mit dem Einwurf „Purple Flag“ darauf hinweisen, dass hier der Bias vorliegt, junge Frauen könnten sich nicht durchsetzen. Einigt euch zudem auf klare Reaktionen auf dieses Wort, etwa „Verstehe ich“ oder „Danke für das Feedback. Ich weiß nicht, was du meinst, lass uns später sprechen“. So könnt ihr Gewohnheiten brechen, ohne dass sich jemand unwohl oder unverstanden fühlt.
Was braucht es nun, um einen impliziten Bias in wichtigen Prozessen zu reduzieren?
In allen Entscheidungs-prozessen
Das Wichtigste: „Struktur, Struktur, Struktur“, sagt Alexandra Kammer. Je strukturierter Prozesse gestaltet sind, desto weniger Gewicht hat das Bauchgefühl. Struktur schafft Vergleichbarkeit. Für Bewerbungs-, Vergabe- und Feedbackprozesse bedeutet das: Alle Kandidat*innen bekommen die gleichen Fragen gestellt und gleich viel Zeit. Entscheidungen über andere Menschen sollte niemand allein treffen. In Interviews, aber auch in internen Feedbackgesprächen, sollten immer mindestens zwei Personen aus der Organisation sitzen. So könnt ihr euch gegenseitig beobachten: Fließen vielleicht unbewusst Vorurteile in die Bewertung ein? Allerdings erfordert das eine offene Fehlerkultur im Unternehmen. Und ein Grundwissen im Team, wie Bias wirken.
Dafür könnt ihr beispielsweise an einem Diversity Workshop oder Unconscious Bias Training für Organisationen teilnehmen. Damit das langfristige Effekte hat, sollte die Teilnahme für alle verbindlich sein. Dazu raten unter anderem die Wissenschaftlerinnen Francesca Gino und Katherine Coffman (Harvard Business School).6 Sie haben analysiert, wann Bias-Trainingsprogramme erfolgreich sind. Demnach ist Awareness zwar ein entscheidender erster Schritt, doch Workshops müssen darüber hinaus konkrete Methoden lehren, Verhalten zu ändern. Denn ein Workshop ist nur der Anfang: Erst, wenn ihr das Gelernte routinemäßig anwendet, können sich die Strukturen der Organisation langfristig wandeln.
Einen klareren Blick schafft auch eine Überprüfung aller relevanten Unternehmensdaten zum Status quo: Wer arbeitet eigentlich auf welcher Position? Wie ist die Alters-, Geschlechts- oder Herkunftsstruktur pro Abteilung oder Hierarchieebene, wie bei den externen Dienstleister*innen? Solche Daten kann man in regelmäßigen Abständen erheben und so Fortschritte messen.
Bevor eine Stellenausschreibung oder interne Besetzung eines höheren Postens ansteht, sollte das Anforderungsprofil allen am Prozess Beteiligten klar sein. Nur so könnt ihr objektive Bewertungskriterien entwickeln. Ihr könnt zum Beispiel mittels Fragebögen die wichtigsten Bedürfnisse an eine Rolle aus unterschiedlichen Abteilungen einholen und diejenigen mit der größten Übereinstimmung festhalten.
In Bewerbungs-prozessen
Quoten sind in vielen Unternehmen unbeliebt, aber hilfreich. Eine Quote kann zum Beispiel für Personaler*innen Anreize bieten, Bewerbungen zu prüfen, die sie sonst instinktiv ausgeschlossen hätten. Beispielsweise kann es den Affinity Bias reduzieren („Ah, die Bewerberin ist mir sympathisch, die war auf der gleichen Uni wie ich“), wenn von vornherein klar ist: Für diese Rolle wollen wir explizit Personen ohne Hochschulabschluss berücksichtigen.
Am besten legt ihr im Bewerbungsprozess vorab fest: Welche Unterlagen sichten wir überhaupt? Sind vielleicht Arbeitsproben wichtiger als Lebensläufe? Wenn es um die Sichtung der Bewerbungsunterlagen geht, ist ein anonymes Screening ratsam, bei dem ihr bewusst persönliche Daten, Fotos und Hobbys ausblendet. Kammer rät, Kandidat*innen kurz zusammenfassen zu lassen, welche Erfahrungen sie besonders für die Stelle qualifizieren.
Es gibt auch Software, die ein Stärkenprofil basierend auf kognitiven Fähigkeiten, emotionaler Intelligenz, Kulturpassung und anderen Kriterien erstellt. Dabei klicken sich Bewerber*innen durch eine Reihe von einfachen, teils spielerischen psychologischen Tests. Auf deren Basis erstellt die Software einen Score, wie gut die Kandidat*innen zum Unternehmen oder zur Stelle passen. Damit wird jede Sichtung von Lebensläufen und Anschreiben durch voreingenommene Menschen überflüssig.
Dranbleiben!
Bei all diesen Maßnahmen ist wichtig, dass ihr sie langfristig denkt und dran bleibt. Das menschliche Gehirn funktioniert nun einmal so, dass es nach bekannten Strukturen sucht und diese reproduziert. Das birgt eine Chance: Wird eure Organisation nach und nach diverser, ist das der neue Benchmark, an dem ihr euch orientiert.
Auch wenn es also erst mal anstrengend klingt, sich ständig zu hinterfragen und ganz neue HR- und Vergabe-Prozesse im Unternehmen zu etablieren: Wenn es den Weg öffnet zu fairen Bewertungen, echter Wertschätzung von Qualifikation und mehr Diversität im Unternehmen, profitieren alle davon.
Input-Geber*in
Checkliste: Strukturierter Bewerbungsprozess
- Erstellen eines klaren Anforderungsprofils mit anonymem Input aller internen Stakeholder, auf die wichtigsten Kriterien reduziert.
- Erstellen einer Stellenausschreibung in geschlechtsneutraler Sprache mit Zusatz: „Bewirb dich bitte auch, wenn nicht alle Punkte auf dich zutreffen.”
- Erstellen von Interview-Leitlinien/Scorecards, um Vergleichbarkeit von Fähigkeiten zu gewährleisten
- Erstes Screening ohne persönliche Daten (Foto, Name, Hobbys) im Vier-Augen-Prinzip
- (Reflexion der) Auswahl von Kandidatinnen im Sparring mit Kolleginnen, ggf. mithilfe von Bias-Checkliste
- Strukturiertes Interview mit standardisierten Fragen in festgelegtem Zeitrahmen
- Ggf. zweites Interview (mit anderer Person) und Reflexion
- Zu- oder Absage in festgelegtem Zeitrahmen
- Anonyme und von anderen Kolleg*innen unabhängige Bewertung der Bewerber*in, damit ihr euch nicht gegenseitig beeinflusst
FUßNOTEN
- 1
A. G. Greenwald: Measuring individual differences in implicit cognition – The implicit association test (1998) ↩
- 2
New York Times: Professors Are Prejudiced, Too (2014) ↩
- 3
Doris Weichselbaumer: Discrimination against Female Migrants Wearing Headscarves (2016) ↩
- 4
Ein Test ist etwa der implizite Assoziationstest der Harvard University. ↩
- 5
TED: How to reduce bias in your workplace (2022) ↩
- 6
Francesca Gino & Katherine Coffman: Unconscious Bias Training That Works (2021) ↩