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Ein Querschnitt eines Berliner Hauses, in dem man Menschen am Arbeiten und interagieren sieht. Auf dem Dach stehen Menschen mit einer Drohne. In der unteren Etage kann man in Fenster schauen.
Case Study City LAB

Das Innovationslabor für die Bürokratie

Behörden müssen reformiert werden, um die Leistungsfähigkeit des Staates zu erhalten. Das Berliner CityLAB bringt deshalb neue Methoden wie Prototyping, Agilität und Nutzer*innenzentrierung in die Verwaltung und baut damit Kompetenzen vor Ort auf.

Lange Wartezeiten, unzulängliche Erreichbarkeit, komplizierte Formulare, fehlende digitale Lösungen, langsame Genehmigungsverfahren: Jede*r kann von Negativerfahrungen im Kontakt mit staatlichen Behörden berichten. Das erzeugt Frust. Und diesen Frust nutzen Populist*innen, um gegen „die da oben” zu wettern und den Rechtsstaat insgesamt infrage zu stellen. In den USA reißen Donald Trump und Elon Musk unter dem Vorwand von Bürokratieabbau und Kosteneinsparung in atemberaubender Geschwindigkeit demokratische Institutionen ein, in Argentinien ist der ultraliberale und rechtspopulistische Präsident Javier Milei mit „Kettensäge” im Staatsapparat unterwegs.

Führen lange Wartezeiten auf einen Reisepass unausweichlich zum Ende des Rechtsstaats? Nein. Nagen diese Erfahrungen am Vertrauen in das System? Ja. Und genau deshalb muss sich die Verwaltung erneuern, nutzer*innenfreundlicher, schneller werden. Und zwar bald. Ein grundlegendes Vertrauen in die Verwaltung ist eine notwendige Voraussetzung für den Rechtsstaat, den Schutz vor Willkür und die Demokratie.

Einfach wird das nicht. Denn deutsche Verwaltungen werden künftig mit deutlich weniger Mitarbeitenden auskommen müssen. Nicht, weil irgendwer die Kettensäge ansetzt. Sondern schlicht wegen des demografischen Wandels. Prognosen zufolge werden bis 2030 rund 1,25 Millionen Menschen im öffentlichen Dienst altersbedingt aufhören zu arbeiten. Das entspricht etwa einem Viertel der aktuell Beschäftigten. Bereits jetzt sind 500.000 Stellen bundesweit nicht besetzt.
Verwaltungen stehen also vor dem Problem, mit immer weniger Menschen alle notwendigen Leistungen für die Bürger*innen abdecken zu müssen. Sprich: Um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung aufrechtzuerhalten, muss sie effizienter werden. Doch dafür braucht es Veränderung, und Veränderung liegt nicht in der DNA von Behörden.

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Veränderung liegt nicht in der DNA von Verwaltungen

Doch warum tun sich Verwaltungen mit Veränderungen eigentlich so schwer? Die Veränderungsträgheit von Verwaltungen hat viele Gründe. Drei sind zentral:

  1. Verwaltungen arbeiten sehr regelbasiert, die Rechtssicherheit steht im Vordergrund. Aus gutem Grund: Feste Regeln wirken Willkür entgegen und schützen Minderheiten. Aber dieses Abarbeiten nach Vorschrift lässt nur wenig Raum für Innovation.
  2. Verwaltungen sind nach wie vor stark hierarchisch organisiert. Bei Routineaufgaben erhöht das die Effizienz. Mit Veränderung und Innovation tun sich hierarchische Systeme allerdings schwer. Denn ihnen liegt die Annahme zugrunde, dass höhergestellte Personen mehr wissen als ihre Mitarbeitenden. Deshalb müssen Prozessänderungen immer von oben kommen. Der frische Blick von z.B. Auszubildenden fließt hier strukturell nicht ein.
  3. Verwaltungen ziehen mit ihren stabilen Arbeitsbedingungen tendenziell eher sicherheitsorientierte Menschen an. Diese verfügen oft über juristische oder verwaltungsrechtliche Ausbildungen. In diesen Ausbildungen spielen Themen wie Innovation oder modernes Arbeiten meist sehr untergeordnete Rollen.

Schneller scheitern für die Verwaltung

Das Problem ist erkannt, deutschlandweit arbeiten Menschen an der nutzer*innenzentrierten Erneuerung der Verwaltung. Einer davon ist Benjamin Seibel, Direktor des CityLAB in Berlin. Seibel kann aus seiner Binnenperspektive sehr plastisch erklären, warum die Einführung neuer Technologien in der Verwaltung oft so langwierig ist: „Erst wird ein Jahr an einem Konzept geschrieben. Das wird dann über alle Hierarchiestufen umfassend abgestimmt. Zwei Jahre später ist man bereit für die Softwareentwicklung – aber dann hat sich die Welt schon weitergedreht und es braucht die Anwendung vielleicht gar nicht mehr.”

Und genau hier kommen Seibel und sein Team vom CityLAB ins Spiel. Dessen Ziel ist es, neue Technologien, Methoden und Arbeitsweisen in die Verwaltung zu bringen – und vor allem: ganz viel auszuprobieren: „Als Labor verstehen wir uns als Ort für Experimente. Wir dürfen auch scheitern, Hauptsache wir lernen gemeinsam mit der Verwaltung was dabei”, erläutert Seibel die Herangehensweise des CityLAB.

Der Anstoß für die Gründung des CityLAB kam von der Technologiestiftung Berlin, die sich für eine gemeinwohlorientierte, digitale Transformation von Verwaltung, Bildung, Kultur und Wirtschaft in Berlin einsetzt. Von Anfang an hat Benjamin Seibel die Idee mitentwickelt. Nachdem er „zwei Jahre mit dem Konzept durch die Stadt gelaufen war”, war es dann so weit: Die Berliner Verwaltung, konkret die Senatskanzlei, beauftragte die Technologiestiftung 2019 mit der Gründung und dann dem Betrieb des CityLAB. „Um innovative Lösungen zu finden, braucht es eine Art Spielwiese zum Ausprobieren. Und auch die Möglichkeit, Irrtümer zu begehen und daraus zu lernen”, sagt Karen Laßmann. Sie verantwortet die Themen Smart City und Datenmanagement in der Berliner Senatskanzlei.

Mittlerweile ist das CityLAB von 5 auf gut 35 Mitarbeitende gewachsen. Im Rahmen der Budgetbeantragung stimmt das CityLAB Ziele und Schwerpunkte für das folgende Jahr mit der Senatsverwaltung ab. Strategischen Input erhält das CityLAB von einem Beirat. Hier sind die vier wichtigsten Stakeholder-Gruppen – Verwaltung, Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft – vertreten.

„Als Labor verstehen wir uns als Ort für Experimente. Wir dürfen auch scheitern, Hauptsache wir lernen gemeinsam mit der Verwaltung was dabei”
Benjamin Seibel, Direktor CityLAB Berlin

Das CityLAB hat seit seiner Gründung viele sehr unterschiedliche Projekte durchgeführt. Drei Beispiele:

  • Seit 2023 bietet das Kiezlabor in einem ausrangierten Schiffscontainer Raum für den Austausch zwischen Verwaltung und Bürger*innen, beispielsweise über neue Ideen zur Straßengestaltung. Dabei wechselt es regelmäßig seinen Standort.
  • Parla ist eine KI-basierte Anwendung, mit der sich das parlamentarische Dokumentensystem befragen lässt. So kann sehr nutzer*innenfreundlich auf über 11.000 Dokumente zugegriffen werden. Parla steht sowohl der Verwaltung als auch der Öffentlichkeit zur Verfügung.
  • Gieß den Kiez bietet eine Karte, die nahezu alle Berliner Straßenbäume verzeichnet, inklusive Informationen zu Alter, Wasserbedarf und Art. Die Karte unterstützt Bürger*innen dabei, Straßenbäume in Dürrephasen zu gießen. Die Open-Source-Anwendung wird inzwischen auch von mehreren anderen Städten genutzt.
Das Stadtsymbol von Berlin (Bär) mit einem langen, gefalteten Zettel in der Hand, der bis zum Boden reicht.

Ein weiteres Beispiel ist das Projekt Bürgeramt der Zukunft, welches das CityLAB gemeinsam mit der Verwaltung des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg durchgeführt hat. Dieses Beispiel verdeutlicht gut, wie das CityLAB arbeitet und auf welche Herausforderungen es stößt.

Crashkurs: Die Berliner Verwaltung

Die Berliner Verwaltung ist komplex. Das liegt vor allem daran, dass Berlin Bundesland und Stadt zugleich ist. Im Land Berlin bilden die zwölf Bezirke – etwas vereinfacht – die kommunale Ebene. Sie sind sozusagen Städte in der Stadt: Sie entscheiden über lokale Angelegenheiten wie Grünflächen und Nebenstraßen. Außerdem sind sie mit ihren Bürgerämtern für Dinge wie die Ausstellung von Pässen oder die Beantragung von Wohngeld zuständig.

Die Landesebene verantwortet übergeordnete Themen, wie z.B. das übergeordnete Straßennetz. Auch wichtige IT-Anwendungen wie das Bürgerportal stellt das Land den Bezirken zur Verfügung. Sowohl auf Ebene des Landes wie auch in jedem Bezirk gibt es politische Entscheidungsträger. Insgesamt arbeiten in der Berliner Verwaltung an die 100.000 Menschen.

Vom Tagebuch zum Prototyp

Oliver Kühle leitet den Fachbereich Bürgerämter des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg. Auch hier macht sich der demografische Wandel bemerkbar: Immer mehr der aktuell 180 Mitarbeitenden gehen in den Ruhestand, die Stellen lassen sich nur schwer nachbesetzen.
Kühle ist überzeugt, dass sich die Effizienz der Bürgerämter durch einen höheren Grad an Digitalisierung steigern lässt: „Viele einfache Dinge können die Bürger:innen online selber machen, das ist ja auch viel bequemer für die meisten. Wir im Bürgeramt sollten bei komplizierten Themen helfen – oder solchen Bürger*innen, die die Hilfe wirklich brauchen.” Und dann sollte es schnell und unkompliziert gehen – für die Mitarbeitenden genauso wie für die Bürger*:innen. Doch genau hier hakt es aktuell oft.

Zwar ist Kühle überzeugt, dass auch bei ihm im Amt viele gute Ideen für bessere Prozesse in den Köpfen schlummern. Doch im Arbeitsalltag wird dieses Potenzial oft schlicht nicht gehoben, auch aufgrund der hierarchischen Strukturen. Deshalb hat das Bürgeramt Friedrichshain-Kreuzberg mit dem CityLAB das Projekt „Das Bürgeramt der Zukunft” aufgesetzt. Darin sollen Verbesserungspotenziale aufgespürt werden – mit Methoden, die für Verwaltungen eher unüblich sind.
Zu diesen Methoden gehörte eine Tagebuchstudie: Über mehrere Wochen sammelten die Mitarbeitenden in einem speziellen Notizbuch täglich Gedanken, z.B. ein Highlight, ein Lowlight und etwas, was sie gerne anders gemacht hätten. Durch die Auswertung dieser Tagebücher stieß man auf ein recht simpel zu behebendes Problem: „Rund ein Viertel der Bürger:innen erscheint nicht zu ihrem gebuchten Termin”, sagt Oliver Kühle. „Die Mitarbeitenden müssen dann jedes Mal ein paar Minuten warten, bis sie die nächste Person aufrufen können. Bei einer No-Show-Rate von bis zu 25 Prozent kommt da viel Zeit zusammen. Das ist auch für die Mitarbeitenden frustrierend.”

Die Lösung: Alle Personen werden zunächst zentral bei einem Check-in erfasst. Checkt eine Person nicht ein, weil sie gar nicht gekommen ist, wird sie auch nicht aufgerufen. Die Mitarbeitenden nehmen gleich die nächste Nummer dran.

Hierfür entwickelte das CityLAB in wenigen Tagen den Prototypen eines Check-in-Programms. „Mit solchen Prototypen können wir den ersten Schritt der Software-Entwicklung vor die bürokratische Klammer ziehen”, erläutert Benjamin Seibel. „Unsere Erfahrung zeigt: Wenn man einfach erst mal etwas baut und dann auf Grundlage dieser Erfahrung diskutiert, erledigen sich manche Probleme von selbst. Andere Herausforderungen treten auf – aber auf jeden Fall ist man schon einen Schritt weiter.” Erste Tests sprechen für sich: Dank der Zeitersparnis durch die Check-in-Software könnte das Bürgeramt 10 Prozent mehr Termine vergeben.
An diesem kleinen Beispiel lässt sich ebenso viel über die Arbeit des CityLAB im Speziellen wie über die Erfolgsfaktoren von Innovationslaboren im Allgemeinen lernen.

Eine Frau hinter einem Tisch in einem Verwaltungsraum nimmt einen Brief von einem blauen Roboter entgegen.

1. Spielwiese zum Ausprobieren

Verwaltungen arbeiten regelbasiert, und das aus guten Gründen, etwa dem Minderheitenschutz. Die Frage ist aber, zu welchem Zeitpunkt diese Regeln angewendet werden. Denn wenn Ausprobieren und Scheitern wichtig sind, muss dies vor der Anwendung eines umfassenden Regelwerkes möglich sein. Es muss, um die Formulierung von Benjamin Seibel aufzugreifen, der erste Schritt vor die bürokratische Klammer gezogen werden.

2. Außenperspektive und frischer Blick

„Der vielleicht wichtigste Beitrag des CityLAB sind die guten Fragen”, sagt Oliver Kühle. „Denn wer lange in der Verwaltung arbeitet, wird über die Jahre oft betriebsblind.” Der frische Blick und die fragende Haltung des CityLAB helfen oft, Probleme überhaupt sichtbar zu machen. Denn erst dann können sie behoben werden.

3. Innovative Methoden und Arbeitsweisen

„In unseren hierarchischen Strukturen brauchen wir Methoden, um der operativen Ebene mehr zuzuhören”, sagt Oliver Kühle. „Das Tagebuch war hier einfach wie genial. Da wäre ich selbst aber nie drauf gekommen – genau für solche methodischen Impulse brauche ich das CityLAB.” Indem diese Methoden gemeinsam mit den Menschen in der Verwaltung zum Einsatz gebracht werden, wird nicht zuletzt auch die Methodenkompetenz in der Verwaltung selbst gestärkt.

4. Innovator*innen stärken

In Verwaltungen haben es innovative Menschen oft schwer mit ihren Ansinnen, häufig werden sie von den Strukturen ausgebremst. Im CityLAB treffen sie auf Gleichgesinnte. „Hier lernen sie neue Methoden kennen und vernetzen sich über Hierarchiegrenzen hinweg”, so Karen Laßmann. Kühle ergänzt einen weiteren Aspekt: „Über die öffentliche Aufmerksamkeit für das kleine Projekt mit dem CityLAB sind wir an eine Finanzierung für ein Folgeprojekt gekommen. Darin werden wir uns mit einer deutlich breiteren Perspektive mit Lösungen für das Bürgeramt der Zukunft beschäftigen.”

5. Nutzer*innen zuhören

Das CityLAB bemüht sich, stets die Perspektive der Nutzer*innen einzubinden. So wurden beim Projekt im Bürgeramt Friedrichshain-Kreuzberg die Mitarbeitenden gezielt gefragt, ob sie die Effizienzsteigerung dank Check-in-Funktion persönlich überhaupt wünschen. „Es soll nicht darum gehen, noch das Letzte aus ohnehin schon überarbeiteten Sachberarbeiter*innen rauszuquetschen. Sondern um Lösungen, die für alle funktionieren“, so Benjamin Seibel zum Selbstverständnis. Die Frage kam gut an, die Antworten wurden in den Prototypen implementiert: Die Mitarbeitenden können selbst entscheiden, ob sie jemanden im System vorziehen – oder vielleicht eine kleine Pause brauchen.

Ein Gebäudedach. auf dem 4 Personen stehen. Die Frau ganz links bedient eine Drohne, zwei Personen telefonieren / Videocallen und eine Person schaut vom Dach herunter.

Nähe und Distanz ausloten

So weit so gut. Allerdings fingen nach der Umsetzung des Prototyps die Schwierigkeiten auf anderer Ebene an. Denn das CityLAB hatte den Prototyp selbst programmiert – außerhalb der IT-Umgebung der Berliner Verwaltung. Damit das Bürgeramt Friedrichshain-Kreuzberg – und idealerweise alle Berliner Bürgerämter – den Check-in nutzen können, müsste er vom Berliner IT-Dienstleister in das Landessystem integriert werden.

Doch dort ist das Vorhaben zunächst ins Stocken geraten. „Die Prozesse zur nahtlosen Integration von Prototypen in den Regelbetrieb sind noch nicht wirklich eingespielt“, berichtet Benjamin Seibel. „Das liegt weniger an der Technologie, sondern eher an ausufernder Bürokratie und knappen Ressourcen.“ Kühle und seine Kolleg*innen warten nun schon seit zwei Jahren auf den Check-in.

Das zeigt, dass in Bezug auf den Status des CityLAB als Innovationsmotor noch ein paar grundsätzliche Fragen zu klären sind. So ist derzeit offen, wie stark das Innovationslabor in die Verwaltungsstrukturen integriert sein sollte. Denn: Zu große Nähe kann dazu führen, dass es mit der Zeit selbst der Verwaltung immer ähnlicher wird und so an Innovationskraft verliert. Zu große Distanz birgt die Gefahr, dass die Arbeit des Innovationslabors als Einmischung in die Zuständigkeiten von außen empfunden wird und auf Widerstand stößt.

Karen Laßmann von der Senatskanzlei begleitet diesen Prozess und ergänzt: „Widerstand entsteht durch Angst vor Veränderung. Oft geht es um Hoheitsfragen. Ich glaube, es ist Aufgabe der Senatskanzlei – als die CityLAB-fördernde und -steuernde Verwaltung – die Zusammenarbeit zwischen dem CityLAB und den Fachverwaltungen zu unterstützen und weiter auszubauen. Wir müssen schauen, welche Strukturen für neue Projekte die passendsten sind.”

🏢

Das CityLAB lädt ein

Eine kleine Lösung, die auch zwei Jahre nach der Entwicklung des Prototyps noch nicht umgesetzt ist: Kann man hier überhaupt von einem Erfolg sprechen? Unbedingt, findet Kühle: „Durch die gewählten Methoden konnten Hierarchiegrenzen überwunden werden. Die Umsetzung dauert, aber wenn wir diese Art der Arbeit etablieren, werden wir insgesamt deutlich schneller und besser werden.” Seibel ergänzt: „Der Erfolg zeigt sich manchmal anders als geplant. Mit Oliver Kühle konnten wir einen starken Fürsprecher für Innovation in der Verwaltung gewinnen. Außerdem hat das CityLAB Methodenkompetenz in die Bürgerämter gebracht und ist damit dem Zielbild der lernenden Verwaltung einen Schritt näher gekommen.”

Das zeigt: Wer Innovation in die Verwaltung bringt, braucht eine große Frustrationstoleranz. Und eine Perspektive. Denn noch geht es um viele kleine Schritte. Doch diese vielen kleinen Schritte führen zu einer sich selbst verstärkende Bewegung: Mit jeder*jedem gestärkten Innovator*in, mit jeder vermittelten Methode entsteht ein Schneeballeffekt, dessen Wirkung erst mit der Zeit spürbar wird – ab einem bestimmten Punkt aber nicht mehr aufzuhalten ist. In Berlin – und in Verwaltungen bundesweit. Ob das wirklich die Rechtspopulist*innen mit ihren Narrativen aufhalten kann? Vermutlich lässt sich diese Frage nur andersherum beantworten: Ohne die Arbeit von Verwaltungsinnovator*innen haben Demokratie und Rechtsstaat nur wenige Chancen.

Öffentliche Innovationslabore

LabCamp

Take-aways

  • Verwaltungen sind strukturell veränderungsträge. Das hat gute Gründe. Aber um auch hinsichtlich des demografischen Wandels leistungsstark zu bleiben, müssen Verwaltungen reformiert werden, ohne ihren Beitrag zum Gemeinwohl zu schwächen.
  • Innovationslabore wie das CityLAB Berlin können einen frischen Blick und innovative Methoden in die Verwaltung bringen. Damit werden sie die Verwaltung nicht revolutionieren. Aber sie können wichtige Impulse setzen, die zu wichtigen Veränderungen führen.
  • Die Nutzer*innen-Perspektive spielt in der Verwaltung oft eine untergeordnete Rolle. Indem Innovationslabore diese stärken, steigt die Akzeptanz für Innovationen und die Produkte werden besser. Zuhören und Augenhöhe sind deshalb für die Arbeit von Innovationslaboren wesentlich.

Zum Weiterdenken

  1. Die „Bürokratie” hat einen schlechten Ruf, dabei sind klare Regeln und öffentliche Prozesse in der Verwaltung elementar. Sie schützen Minderheiten und verhindern Willkür. Wie können wir die Bürokratie entschlacken und gleichzeitig ihre wichtigen Funktionen erhalten?
  2. Innovationslabore brauchen sowohl Nähe als auch Distanz zur Verwaltung. Wie viel Nähe und wie viel Distanz braucht es wann? Welche strukturellen Lösungen bieten sich in welcher Situation an?
  3. Verwaltungen sind wesentlich für unser Gemeinwohl, tun sich aber schwer mit der Rekrutierung innovationsfreudiger Menschen. Unter welchen Voraussetzungen könntest du dir einen Einstieg in die Verwaltung vorstellen?

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