Sprache ist unser wichtigstes Werkzeug in der Welt der Arbeit. Wir zeigen, wie sie sich noch ein bisschen sinn- und verantwortungsvoller einsetzen lässt.
Arbeit ist Sprache. Für die meisten Leser*innen von Neue Narrative gilt dieser Satz in einem erstaunlichen Maße. Denn das meiste, was wir heute als Arbeit bezeichnen, hat mit Sprache zu tun: Wir sprechen mit anderen, sitzen in Meetings, schreiben E-Mails, telefonieren, kommunizieren in Form von Präsentationen. Das alles machen wir über Twitter, Skype und was uns sonst noch an Mitteln zur Verfügung steht. Und wenn gerade nichts davon stattfindet, kommunizieren wir einfach mit uns selbst und denken nach oder machen Pläne.
Sprache ist also überall und in der Sprache, die Menschen verwenden, lässt sich gut ablesen, ob sie Verantwortung für sich selbst, ihre Worte und Taten übernehmen. Ein bisschen Achtsamkeit beim Sprachgebrauch kann dabei helfen, das Arbeitsleben und auch den Rest des Lebens zu erleichtern. Denn nicht selten entstehen Konflikte und Unzufriedenheiten, wo Menschen mit verschiedenen Intentionen kommunizieren: Die eine möchte Ergebnisse und eine Diskussion um der Sache willen. Der andere möchte sein Ego glänzen lassen, Macht demonstrieren und das z.B. über einen möglichst großen Redeanteil tun.
Da die meisten Menschen ziemlich müde davon sind, einen solchen Sprachmissbrauch über sich ergehen zu lassen, schlagen wir ein paar einfache Regeln vor, um ihn einzudämmen:
1. Vermeide Konjunktiv, man und wir
Der Konjunktiv ist ein wichtiges Werkzeug, um über Mögliches zu sprechen. Beispielsweise ist es völlig legitim, zu sagen: „Wir könnten heute Abend ins Theater gehen. Wir könnten aber auch ins Kino gehen. Ich bin unentschieden. Was denkt ihr dazu?“
Nicht so schön hingegen ist es, den Konjunktiv für versteckte Ich-Botschaften zu missbrauchen, wie in: „Man könnte jetzt ja fragen, ob das nicht ein bisschen lang war.“ Oder, noch schlimmer, den Konjunktiv auf die Vergangenheit anwenden, wo er missbraucht wird, um Unmögliches als möglich erscheinen zu lassen: „Da hätte man jetzt aber auch ein bisschen schneller zum Punkt kommen und eine andere Schriftart verwenden können.“
Gleiches gilt auch für das „Wir“: „Wir“ tut selten irgendetwas. „Wir“ hat auch keine Meinung. „Wir“ macht überhaupt nur dann Sinn, wenn es eine Einigung in der Gruppe gab. So eine Einigung ist allerdings nur in ganz bestimmten Fällen nötig und sinnvoll, wie z.B.:
- Eine Gruppe einigt sich auf eine gemeinsame Handlung („Wir heiraten“, „Wir gehen heute Abend zum Italiener, nicht zum Koreaner“).
- In einer Gruppe sollen Verhaltensrichtlinien (oftmals auch Werte genannt) festgelegt werden („Wir lassen einander aussprechen” oder „Wir reden miteinander, nicht übereinander“).
In einem Meeting oder beim Formulieren einer Bitte, eines Auftrags, eines Feedbacks und was immer sonst noch im Arbeitskontext anfallen könnte, machen solche Botschaften aber wirklich sehr, sehr wenig Sinn.
2. Kommuniziere in Ich und Du-Form und verwende dabei aktive Verben
Generell gilt: Meetings und Kommunikation im Allgemeinen sind weniger zeitraubend, verständlicher und vor allem verantwortungsvoller (weil ich dann Verantwortung für das Gesagte übernehme und mich nicht hinter grammatikalischen Kniffen oder sprachlicher Ungenauigkeit verstecke), wenn:
- Du in der ersten und zweiten Person Singular kommunizierst: „Ich möchte von dir, dass du …“, „Könntest du mir bitte sagen, ob …“
- Wir nur in Ausnahmefällen von „Wir“ sprechen, und niemals dann, wenn es darum geht, eine konkrete Arbeit zu erledigen („Wir werden uns darum kümmern“).
- Immer dann, wenn es eine konkrete Arbeit zu erledigen gibt, braucht es einen Namen („Franz“) sowie eine möglichst konkrete Beschreibung dessen, was genau erledigt werden soll. Dabei hilft es, mit aktiven Verben zu arbeiten (also solchen, die eine beobachtbare Handlung beschreiben – „managen“, „erledigen“, „sich kümmern“ gehören nicht dazu).
- Wann immer jemand sagt „Ich mache das“, bitte unbedingt schriftlich festhalten und dabei den genannten Regeln folgen: Erstens ist nur dann sicher, dass die Erwartungen die gleichen sind (vs. „Ich dachte, du würdest…“). Zweitens kann dann auch eine dritte Person übernehmen, falls Franz beschließt, nach Kuba auszuwandern und nie wieder auf E-Mails zu antworten.
Wer (Name) + Aktives Verb + Was (möglichst konkret) + grober Zeitrahmen
3. Ersetze „Ich muss“ durch „Ich will“ und „Ich werde“.
Obwohl wir in unseren Handlungen weitestgehend frei sind, ist es doch erstaunlich, wie viele Menschen im Kontext von Arbeit (und auch im Kommunizieren mit sich selbst) ständig das Wörtchen „muss“ verwenden: „Ich muss noch…“, „Wir müssen heute …“
Wir versprechen euch: Euer Leben und Arbeitsplatz werden zu angenehmeren Orten, wenn ihr hin und wieder darauf achtet, ein „Ich muss“ durch ein „Ich werde“ oder sogar ein „Ich will“ zu ersetzen.
Wir haben euch drei einfache Regeln genannt, die unserer Meinung nach einen großen Beitrag zu einem besseren Miteinander und einem angenehmeren Zusammenarbeiten leisten können. Probiert die Regeln doch an euch selbst aus und achtet darauf:
- Wie kommuniziere ich mit mir selbst? Kann ich ab und zu ein „Ich muss“ und Konjunktiv durch ein „Ich werde“ oder „Ich will“ ersetzen?
- Wie kommuniziere ich mit anderen? Formuliere ich klare Ich-Botschaften? Oder verstecke ich mich hinter man und wir?
- Wie kommunizieren andere mit mir? Falls sie die genannten Regeln nicht befolgen, kann ich sie durch Nachfragen dazu bringen, verantwortungsvoller mit mir zu sprechen?