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Remote Leadership

Warum gute schriftliche Kommunikation für Führungsrollen so wichtig ist

Menschen, die remote in Führungsrollen arbeiten, müssen Profis in schriftlicher Kommunikation sein. In diesem Guide erfährst du, worauf es dabei ankommt.

Der Beginn der Pandemie Anfang 2020 brachte unerwartete Wendungen im Arbeitsalltag. Mitarbeitende, die sich zuvor Tag für Tag im Büro gesehen hatten, konnten plötzlich nur noch über den Bildschirm miteinander kommunizieren. Und daran wird sich vorerst wohl nichts ändern: Aus einem Bericht von Owl Labs geht hervor, dass die meisten europäischen Unternehmen auch nach der Pandemie hybrid arbeiten wollen, also mit einer Mischung aus Büro- und Remote-Arbeit. 1 Gerade für Menschen in Führungsverantwortung, deren Hauptaufgabe in der Kommunikation liegt, stellt dies eine Herausforderung dar. Hier einige Empfehlungen, wie du auch aus der Ferne erfolgreich kommunizierst.

Schreiben als essenzielle Fähigkeit

Eine der wichtigsten Aufgaben von Führungskräften – ob remote oder in persona – besteht darin, ein Umfeld des Vertrauens und der psychologischen Sicherheit zu schaffen. Wenn sich Mitarbeitende nicht sicher fühlen, trauen sie sich nicht zu sagen, was sie denken, und die Zusammenarbeit wird zäh und unproduktiv. Diskussionen ziehen sich in die Länge und Entscheidungen, die normalerweise schnell getroffen werden, dauern Wochen.

Aber wie können Führungskräfte ein vertrauensvolles, sicheres Umfeld schaffen, wenn sie gar nicht vor Ort sind? Schließlich sind es vor allem die kleinen, täglichen Begegnungen mit dem Team, die vertrauensvolle Beziehungen fördern – am Kaffeeautomat, im Aufzug, auf dem Büroflur. Und die sind für Remote Leads natürlich keine Option. Damit bleiben zwei Kategorien von Interaktionen:

  1. virtuelle Treffen und Anrufe
  2. alle Arten schriftlicher Kommunikation, wie E-Mail, Chat, Textnachrichten und Kommentare in Dokumenten

Wir alle kommunizieren permanent schriftlich über die Kanäle aus der zweiten Kategorie. Trotzdem wird die schriftliche Kommunikation häufig vernachlässigt. Dabei sollten gerade Menschen, die remote führen, unbedingt ihre Schreibkompetenzen im Blick haben und dieses wichtige Tool ständig weiterentwickeln.

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Vorteile und Fettnäpfchen beim Schreiben

Geschriebene Sprache hat eindeutige Vorteile:

  • Sie funktioniert asynchron, das heißt, jede Person kann sich die für sie nötige Zeit nehmen, um die Informationen zu verarbeiten und Antworten zu formulieren.
  • In den meisten Fällen dokumentiert das Geschriebene automatisch, was kommuniziert wurde. Das schafft Transparenz und gibt uns einen Referenzpunkt im Austausch mit anderen – vorausgesetzt, die Informationen gehen nicht im ständig wachsenden Dschungel von Nachrichten und Kommentaren unter.
  • Wir können Bilder, Audio- und Videodateien sowie Links einfügen, um unsere Botschaft zu verdeutlichen.

Der größte Nachteil schriftlicher Nachrichten ist, dass sie keine nonverbale Kommunikation wie Mimik, Gestik und Intonation enthalten. Dadurch werden sie leicht missverstanden: Eine eigentlich positiv gemeinte Nachricht wird als neutral empfunden, neutrale Mitteilungen deutet der*die Empfänger*in möglicherweise sogar als negativ. Die resultierenden Konflikte und Reibereien können das Vertrauen und die Zusammenarbeit im Team untergraben.

Der große Nachteil schriftlicher Kommunikation ist, dass sie leicht missverstanden werden kann.

Drei Tipps um Missverständnissen vorzubeugen

  1. Die erste simple Gewohnheit ist, kurz nachzudenken, bevor du auf Senden drückst: Welche Untertöne transportierst du mit deiner Nachricht? Und dann bemühe dich bewusst, der Nachricht einen besonders positiven Ton zu geben.
  2. Nenne stets einen Grund, wenn du andere um etwas bittest. Die meisten Menschen willigen eher ein, dir zu helfen, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr gemeinsam an etwas arbeitet und du sie nicht einfach ausnutzt (siehe Infobox).
  3. Vermeide Ironie. Aufgrund der fehlenden Mimik und Intonation wird Ironie in der schriftlichen Kommunikation leicht missverstanden. Das gilt insbesondere für augenzwinkernde Anspielungen auf die Unzufriedenheit mit der Leistung eines*einer Kolleg*in wie: „Oh, wie enttäuschend, das werde ich mit der Personalabteilung besprechen müssen.“ Solche unnötigen Hinweise auf die Machtdynamik können ungewollt Ängste auslösen und schaffen eher Distanz, als dass sie verbinden.

Konstruktiv mit Triggern umgehen

Aber was, wenn du selbst eine Nachricht bekommst, die eine starke emotionale Reaktion wie Angst, Sorge oder Wut bei dir auslöst? Falls dein erster Instinkt lautet, sofort mit einer Antwort zurückzuschießen: Tu’s lieber nicht. Was auch immer du in diesem aufgewühlten Zustand schreibst, ist vermutlich eine emotionale Überreaktion und hilft dir in der Situation nicht weiter. Und da die andere Person deinen Gesichtsausdruck nicht sieht, kommt deine feindselige Reaktion für sie aus heiterem Himmel.

Wesentlich zielführender ist eine Übung aus dem Buch Search Inside Yourself 3 des ehemaligen Google-Entwicklers und heutigen Achtsamkeitsgurus Chade-Meng Tan: Selbst wenn du innerlich kochst, schreibe die freundlichste und netteste Nachricht der Welt! Anders gesagt: Schreibe, als würdest du nichts als Verständnis und Wertschätzung für die andere Person empfinden. Auch wenn dir in Wahrheit nichts ferner liegt, denk daran: Es ist nur eine Übung. Du musst die Nachricht nicht abschicken und kannst immer noch eine wütende Antwort schreiben. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass du dich ziemlich schnell innerlich beruhigst, sobald du die künstlich-freundliche Nachricht noch einmal liest. Außerdem wird dir die andere Person wahrscheinlich ebenfalls wohlwollend und konstruktiv antworten.

Auch wenn es dir nicht immer gelingt, gelassen zu bleiben und nicht emotional auf bestimmte Trigger zu reagieren: Es ist nie zu spät, den Kurs zu ändern. Das funktioniert nämlich auch dann noch, wenn schon ein paar erhitzte Nachrichten hin und her gegangen sind.

Wenn du es zusätzlich noch schaffst, dich zu entschuldigen, wenn du etwas Verletzendes gesagt hast, wird das die Bindung zu deinen Teammitgliedern immens stärken.

Warum du immer einen Grund für deine Bitte angeben solltest

Emojis als Supertool

Bei so manchen Führungskräften sind Emojis als kindischer Schnickschnack oder sinnlose Modeerscheinung verpönt. Dabei können die kleinen bunten Bildschriftzeichen weit mehr als nur etwas Farbe und Leichtigkeit in einen Text bringen. Mit Emojis kannst du mit nur wenigen Symbolen ziemlich präzise emotionale Stimmungen vermitteln – vor allem, wenn deine Nachricht kurz ist. So schließt du die Lücke, die beim Schreiben durch den Wegfall von Mimik, Gestik und Tonlage entsteht.

Um den Impact von Emojis zu begreifen, stell dir beispielsweise vor, du bekommst diese Nachrichten von deinem*deiner Chef*in:

  • Die Deadline ist ein bisschen knapp.
  • Ich verstehe nicht.
  • Kann ich ein Update darüber haben? Ich brauche das wirklich bis heute Abend.

Der sachliche, direkte Stil lässt völlig offen, ob dein*e Chef*in irgendwie verärgert oder genervt oder einfach nur neutral ist. Und jetzt siehst du, was passiert, wenn wir denselben Botschaften eines der vielseitigsten Emojis überhaupt hinzufügen: das lachende Smiley mit dem Schweißtropfen.

  • Die Deadline ist ein bisschen knapp. 😅
  • Ich verstehe nicht. 😅
  • Kann ich ein Update darüber haben? Ich brauche das wirklich bis heute Abend. 😅

Der Ton wird sofort spielerischer und lässt die (potenziell) anklagende Kälte der Nachricht verschwinden. Mit nur einem kleinen symbolischen Zusatz rufst du beim Gegenüber eine positive Reaktion hervor und signalisierst, dass dir eure Beziehung am Herzen liegt.

Entgegen der Meinung mancher, Emojis seien albern und unseriös, sind sie also eine wertvolle Bereicherung im Schriftverkehr. Daher sollten sie im kommunikativen Werkzeugkasten einer hybriden Führungsperson des 21. Jahrhunderts auf keinen Fall fehlen. Mit Emojis kannst du den Ton in der schriftlichen Kommunikation deines Teams komplett verändern. Das Emoji 101 in der Box hilft bei den ersten Schritten.

Falls du bereits Emojis verwendest, nimm dir einen Moment Zeit, um einige der Nachrichten zu überprüfen, die du und dein Team in letzter Zeit geschrieben habt. Welche Unterschiede und Ähnlichkeiten entdeckst du in Bezug auf die Emoji-Nutzung?

Manchmal zeigt sich, dass Mitarbeitende im Schriftverkehr rücksichtsvoller als Führungskräfte sind und häufiger Emojis verwenden, um emotionale Untertöne zu transportieren. Zum Beispiel, indem sie eine freundlich formulierte Frage mit vielen Emojis verschicken, um ihre guten Absichten zu unterstreichen. Aber der*die Chef*in antwortet bloß mit einem zweideutigen und möglicherweise passiv-aggressiven „Ok“.

Das kann ein Hinweis auf ein Machtgefälle sein. Frage dich: Müssen sich meine Leute mehr Sorgen machen, ihre*n Vorgesetzte*n versehentlich zu beleidigen als umgekehrt? Und wenn ja: Willst du diese Art der Machtstruktur?

Psychologische Sicherheit und Energie

Bei der Beschäftigung mit Smileys und E-Mail-Untertönen stellt sich manchen Menschen die Frage: Ist das wirklich so wichtig? Haben wir keine größeren Probleme, als dass eine Nachricht vielleicht mal zu knapp und unfreundlich rüberkommt?

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Emoji 101

Natürlich ist eine einzelne Nachricht, die etwas schroff klingt, keine Katastrophe. Aber jedes Mal, wenn wir eine solche Nachricht bekommen, müssen wir kurz innehalten und reflektieren, warum wir uns ängstlich oder verletzt fühlen. Das kostet Zeit und Energie. Wäre es nicht sinnvoller, diese Zeit und Energie zu nutzen, um eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich alle sicher und wohlfühlen? Davon profitieren letztlich auch die Projekte, die das Unternehmen voranbringen. Und ihr verwendet weniger Ressourcen darauf, Missverständnisse auszuräumen.

Um es zusammenzufassen: Wenn du Remote Lead bist, ist die schriftliche Kommunikation dein wichtigstes Tool für die Interaktionen mit deinem Team: sei es für Feedback, Updates oder Absprachen. Es kommt darauf an, was du schreibst und wie du es schreibst – nicht zuletzt deshalb, weil du den Ton in der Gruppe vorgibst.

Das gilt übrigens auch für Menschen, die keine formale Führungsrolle innehaben. Wir alle können in unseren Rollen Vorbild sein und mit durchdachten schriftlichen Botschaften zu einer produktiven und wertschätzenden Arbeitskultur beitragen.


Ben Hughes führte von 2012 bis 2021 das Content-Team von Blinkist. Inzwischen arbeitet er als Berater, Autor und Speaker mit Fokus auf Content, Education Technologies, Remote-Zusammenarbeit und hybride Führung.

Die Gefahren des Pings

FUßNOTEN

  • 1
  • 2

    Robert Cialdini: Influence – wie man (andere) überzeugt (William Morrow, 1993).

  • 3

    Chade-Meng Tan: _Search inside yourself. Optimiere dein Leben durch Achtsamkeit _(Arkana Verlag, 2012).

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