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NN OS

Was wir in vier Jahren Verantwortungseigentum gelernt haben

Vor inzwischen vier Jahren haben wir uns als Unternehmen auf ein spannendes Experiment eingelassen: Wir haben NN in Verantwortungseigentum überführt. Zeit für ein Etappenfazit.

2019 warf unsere Ausgründung aus der Organisationsentwicklung TheDive die Frage auf, wer das Eigentum am Unternehmen künftig halten soll. Zwei Jahre zuvor hatten wir das Magazin Neue Narrative als Projekt innerhalb von TheDive gestartet, das auch die Kosten trug. Dass TheDive aber langfristig Eigentum an NN als Medienorganisation hält, schien uns unpassend – gerade Medien sollten doch frei von Einflüssen aus Politik und Wirtschaft sein.

Warum Verantwortungseigentum?

In klassischen Unternehmen verrichten die Angestellten die Arbeit und die Eigentümer*innen bzw. Anteilseigner*innen treffen die wichtigen Entscheidungen: Wird das Unternehmen verkauft? Bringen wir es an die Börse? Wie finanzieren wir uns und was geschieht mit dem Gewinn? Wir hofften, die Trennung der Sphären Organisation und Eigentum im Verantwortungseigentum aufzuheben.

Verantwortungseigentum

NEW WORK GLOSSAR

Wir wollten mit NN ein Unternehmen aufbauen, das unabhängig ist von einzelnen Personen, in dem sich Verantwortung gut verteilen lässt und in dem auch Menschen aus dem Gründungsteam perspektivisch Verantwortung abgeben und sich später ganz oder teilweise aus der Organisation herausziehen können. In klassischen Start-ups ist das nicht möglich.

Gründer*innen und Investor*innen ordnen häufig alle Entscheidungen ihrem Profitinteresse unter. Das Resultat ist eine Wirtschaft, die massive Umwelt- und Klimaschäden verursacht, dafür aber keine Verantwortung übernimmt. Das wollten wir auf keinen Fall! Nachhaltig zu wirtschaften, auch wenn es teuer wäre, war von Anfang an einer unserer zentralen Werte.

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Was wir damals nicht wussten: unsere Sorgen und Fragezeichen

Zur Wahrheit gehört, dass wir 2019 auch einige Fragezeichen und Sorgen hatten. Wie kompliziert und wie teuer wird die Wandlung in Verantwortungseigentum? Auch wenn es seit Langem die Idee einer eigenständigen Rechtsform „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ gibt, ist Verantwortungseigentum bis heute im deutschen Recht nicht vorgesehen. Wir wussten also, dass wir gemeinsam mit Jurist*innen einen Workaround finden mussten, um unsere Vorstellungen von gemeinschaftlichem Eigentum umzusetzen.

Einmal in Verantwortungseigentum gegründet, ist das nicht rückgängig zu machen – das ist ja gewissermaßen auch Sinn der Sache, es soll schließlich keine rechtliche Hintertür geben, um das Unternehmen doch wieder dem Profitinteresse unterzuordnen. Was aber wäre, wenn sich das Modell nicht durchsetzt? Für die Entwicklung eines Digitalprodukts antizipierten wir einen höheren Kapitalbedarf als wir selbst stemmen konnten – wenn sich keine Investorenszene um Verantwortungseigentum gebildet hätte, hätten wir uns in eine Sackgasse manövriert, aus der wir nicht mehr herausgekommen wären.

Wo wir heute stehen und was wir gelernt haben

Unsere Hoffnungen haben sich größtenteils erfüllt…
  • Alle großen Entscheidungen treffen wir gemeinsam. Alle Mitarbeiter*innen, die für mindestens ein Jahr mindestens 24 Stunden in der Woche im Unternehmen arbeiten, können (müssen aber nicht) Mitglied der GbR werden – und damit Miteigentümer*innen.
  • Bei uns können alle so viel Verantwortung übernehmen, wie sie wollen, egal ob sie im Gründungsteam waren oder nicht.
  • Wir wirtschaften regenerativ und treffen diesbezüglich Entscheidungen, die in einem Shareholder-zentrischen Modell undenkbar wären.
  • Die Organisation unserer Arbeit und unserer Eigentumsverhältnisse passen perfekt zusammen. Das Verantwortungseigentum stellt sicher, dass die Idee vom rollenbasierten, selbstorganisierten Arbeiten nicht am Ende durch Hierarchien, die sich aus der Eigentumsstruktur der Organisation ergeben, unterlaufen wird.
Ein grün-türkiser Stuhl steht auf dem Boden. An einem der Stuhlbeine sind drei Schnüre von 3 Luftballons angebunden_ Links ein kleiner, rosaner Luftballon, in der Mitte ein gelbes, großes Fragezeichen und rechts ein pastellilanes Ausrufezeichen.
Ein Diagramm, dass die Anteile innerhalb des Verantwortungseigentum beschreibt: A) Mitarbeiter*innen, B) Purpose-Stiftung, C) Investor*innen D) Gründer*innen & Mitarbeiter*innen
… unsere Sorgen und Fragezeichen glücklicherweise nur teilweise
  • Wir haben Investor*innen gefunden, die unsere Vision und auch das Modell VE mittragen. Inzwischen ist eine ganze Szene an solchen Investor*innen entstanden, auch wenn wir sehen, dass bestimmte, eher kapitalintensive Gründungen (die z.B. ein komplexes technisches Produkt vorantreiben) noch immer wenig in Verantwortungseigentum zu finden sind.
  • Außergewöhnlich teuer war es nicht, in Verantwortungseigentum zu gründen, aber durchaus aufwendiger als eine „normale“ Gründung. Unsere Ausgründung und die Wandlung in Verantwortungseigentum kostete ca. 15.000 Euro.
  • Bis heute gibt es keine neue Rechtsform für Unternehmen in Verantwortungseigentum, weshalb es immer noch eines Hacks und etwas Aufwands bedarf, ein Unternehmen in Verantwortungseigentum zu überführen. Was wir sehr schade finden: Obwohl es in allen politischen Parteien Unterstützung für das Modell gibt, lobbyieren auch viele dagegen.
  • Trotzdem gibt es inzwischen eine große, lebendige Szene von Unternehmen in Verantwortungseigentum, und das Modell hat immer mehr Fans und Unterstützer*innen. Fast wöchentlich bekommen wir inzwischen Anfragen von anderen Organisationen, die auch den Schritt ins Verantwortungseigentum erwägen und sich gerne mit uns dazu austauschen wollen.

Zusammengefasst

Wir bereuen nichts und sind sehr gespannt, was wir in den nächsten Etappenbericht schreiben werden!

Unsere Geschichte - Im Überblick

  • 2016: Der Protoyp von Neue Narrative erscheint in Form einer Nullnummer. Auflage: 100 Stück.
  • 2017: Die erste Ausgabe von Neue Narrative kommt an den Kiosk. Unsere (viel zu optimistische) Auflage: 10.000 Stück.
  • 2018: Wir haben fast 1.000 Abos verkauft.
  • 2019: Wir gründen NN Publishing als Unternehmen aus und entscheiden, in Verantwortungseigentum zu gehen.
  • 2020: Wir schließen die Wandlung in Verantwortungseigentum ab und drehen die erste Finanzierungsrunde mit externen Investor*innen. NN wächst auf 10 Personen.
  • 2021: Die Mitarbeiter*innen-GbR (also die Eigentümerversammlung) besteht aus sieben Personen, immer mehr Menschen bei NN übernehmen Verantwortung für das Unternehmen.
  • 2022: Das Unternehmen wächst auf 30 Personen, wir drehen die zweite Finanzierungsrunde mit externen Investor*innen. Das Digitalprodukt 9 Spaces wird gelauncht, die ersten 1.000 Lizenzen werden verkauft.
  • 2023: Die Umsätze sind zu niedrig, um die Kosten zu decken, NN muss sich wieder auf 20 Personen verkleinern. Wir drehen die dritte und vorerst letzte Finanzierungsrunde mit externen Investor*innen.
  • 2024: Wir feiern 7 Jahre Magazin, 5 Jahre NN als Unternehmen und 4 Jahre Verantwortungseigentum.

Für alle, die eine Umsetzung in Betracht ziehen oder sich informieren wollen

Ein Baukasten für Medienorganisationen

Eine Medienorganisation zu gründen, ist wild, aber auch unfassbar sinnstiftend. Wir haben in den vergangenen Jahren sehr viel gelernt. (Um ehrlich zu sein mehr, als uns lieb gewesen wäre.) Damit andere Gründer*innen unsere Fehler nicht wiederholen müssen, haben wir all unser Wissen in einem offenen Medienbaukasten gebündelt. Er hilft dir dabei, dein eigenes Medienprojekt zu starten und zu professionalisieren.

Mehr erfahren auf: neuemedien.org

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