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Eine Collage aus einer mit Schmuck behangenen Luxusyacht und einem Flieger sowie einem Hubschrauber, die Geld abwerfen
Kinski meets McKinsey

Wir können uns keine Milliardäre mehr leisten

Eigentlich fokussieren wir uns eher auf die halb vollen als auf die halb leeren Gläser. Doch manche Dinge machen uns wütend. Deshalb gibt es diese Kolumne, mit der wir unserer Wut Luft machen. Diesmal: Superreiche sind ein Problem, über das zu wenig gesprochen wird. Sie sind schlecht fürs Klima und schlecht für die Gesellschaft.

Der Milliardär Roman Abramowitsch ist mit seinem Lebensstil für ca. 34.000 Tonnen CO₂ pro Jahr verantwortlich. 1 Vertretbar wären vor dem Hintergrund der Klimakrise etwa 1,5 Tonnen pro Person und Jahr. 2 Der Durchschnittsdeutsche liegt aktuell bei acht Tonnen 3, der Durchschnittsmilliardär bei 8.000 Tonnen. 4 Grund dafür sind vor allem Yachten, Privatjets und größenwahnsinnige Hobbys wie Weltraumflüge.

Wer nun denkt, das seien Einzelfälle, kennt die Zahlen nicht: Aktuell gibt es fast 3.000 Milliardäre weltweit, alle 17 Stunden steigt eine Person in die Liga der Superreichen auf.5 Gemeinsam besitzen sie über elf Billionen Euro, das ist nicht mehr weit von der jährlichen Wirtschaftsleistung der EU entfernt. Als zuletzt so viel Vermögen in den Händen so weniger konzentriert war, ließen die Superreichen noch Sklaven für sich arbeiten. Das war vor dem Ersten Weltkrieg. Damals wie heute fußte ihr Reichtum auf einer Ideologie, die Gier und Egoismus über Menschlichkeit stellt.

Ich glaube, dass extremer Reichtum eines der größten Übel unserer Zeit ist. Er ist Folge einer Gesellschafts- und Weltordnung, die wir überwinden müssen.

Was der eine für Flüge zum Mars ausgibt, fehlt dem anderen, um den Kindern Bildung zu ermöglichen.
Cover der 22. Ausgabe von Neue Narrative

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Ist große Ungleichheit gottgegeben?

Der französische Ökonom Thomas Piketty beschreibt in Kapital und Ideologie 6, dass es zu allen Zeiten, in allen Gesellschaften Ungleichheit gegeben hat. Gleichzeitig war das Maß der Ungleichheit, je nach Zeit und Ort, sehr unterschiedlich ausgeprägt. Die ungleichsten Gesellschaften waren Sklavenhaltergesellschaften, in denen ein paar Personen buchstäblich alles besaßen. Das Schweden der 1980er-Jahre war die egalitärste Gesellschaft der jüngeren Geschichte.

Dass wir heute auch in Schweden wieder in Zeiten historischer Ungleichheit leben, führt Piketty unter anderem auf den Zusammenbruch der Sowjetunion zurück. Ihre Existenz zwang die kapitalistischen Staaten, sozialistische Elemente zu adaptieren, um ideologisch nicht zu unattraktiv zu werden. Seit diese Gegenideologie fehlt, sind die kapitalistischen Staaten immer kapitalistischer geworden.

Laut Piketty leitet sich das Maß der Ungleichheit aus der Ideologie einer Gesellschaft ab, also schlicht aus der Frage, wie viel Ungleichheit in dieser Gesellschaft toleriert wird. Ungleichheit ist dann nicht gottgegeben, sondern eine Entscheidung. Es ist höchste Zeit, das Rad wieder in Richtung mehr Gleichheit zu drehen. Denn wie in früheren Zeiten führt extreme Ungleichheit heute zu immer größeren Spannungen.

Eine brennende Weltkugel vor der Elon Musk in einem Tesla fährt

Gier zerstört Gesellschaften

Gesellschaften sind ein Gemeinschaftsprojekt. Von ihren Mitgliedern wird erwartet, dass sie ihre individuellen Interessen zu einem gewissen Grad den Bedürfnissen der Gruppe unterordnen. Alle großen Religionen und Weltanschauungen sind zu dem Schluss gekommen, dass Gier nicht gut ist und Mäßigung wünschenswert. In seinem Buch Tribe schreibt Sebastian Junger, dass in Jäger- und Sammlergesellschaften Horten einer der häufigsten Gründe war, ein Individuum mit dem Tod zu bestrafen.

Extremer Reichtum ist genau das: eine Weigerung, zu teilen. In einer Welt begrenzter Möglichkeiten ist es nun mal so: Was eine Person besitzt, fehlt der anderen in der Haushaltskasse. Was der eine für Flüge zum Mars ausgibt, fehlt dem anderen, um den Kindern Bildung zu ermöglichen.

Extremer Reichtum wirkt dabei auch noch negativ auf die Gefühlslage einer Gesellschaft. Superreiche leben den puren Egoismus vor: Mein enormer Reichtum ist wichtiger, als anderen Menschen ein Leben in Würde zu ermöglichen. Und das wird auch noch mit Macht und gesellschaftlichem Ansehen belohnt. Superreiche sind die Speerspitze einer Ideologie, in der Menschen sich nicht fragen, was sie anderen Gutes tun können. Sondern: How can I get another dollar?

Eine Gesellschaft ohne Unterschiede gibt es nicht, aber eine Gesellschaft, in der gleichzeitig Menschen zum Mars fliegen können, während andere hungern, macht auch keinen Sinn.

Rückkehr zum menschlichen Maß

Bis vor Kurzem habe ich selbst regelmäßig das Credo nachgebetet, dass es okay sei, wenn Menschen aufgrund eigener Leistung ein gewisses Vermögen von, sagen wir mal, ein paar Millionen Euro anhäufen. Einer der wichtigsten Aha-Momente für mich war, als mich letztes Jahr jemand gefragt hat, warum ich das so sehe, und ich gemerkt habe, dass ich es eigentlich gar nicht erklären kann.

Die Arte-Doku Ungleichland zeigt sehr gut, dass dieses Leistungsnarrativ („Es ist okay, sich mit harter Arbeit ein Millionenvermögen aufzubauen“) schlicht eine Erzählung ist, mit der wir uns Unterschiede schönreden, die es in dem Ausmaß eigentlich nicht geben sollte. Die wenigsten Menschen sind in einer so privilegierten Position, ein großes Vermögen anhäufen zu können.

Wer wirklich über Leistung argumentieren möchte, merkt, dass er bei einem ganz anderen Maß an Ungleichheit ankommt: Viele Menschen finden es vertretbar, dass ein ehrgeiziger Immobilienmakler etwas mehr verdient als eine hart arbeitende Reinigungskraft, die über einen Universitätsabschluss verfügt, der in ihrem aktuellen Heimatland nicht anerkannt wird. Aber mit Leistung oder irgendeiner anderen Form von Gerechtigkeit lässt sich nicht argumentieren, warum der eine Hunderte Millionen besitzt, während die andere gar nichts hat und auch noch mit ihrer Miete das Vermögen des Ersteren mehrt.

Es gibt ein Buch mit dem Titel Small is beautiful: Rückkehr zum menschlichen Maß.7 Ich denke, in unserer heutigen Zeit ist das ein schönes Ziel für eine Gesellschaft: zum menschlichen Maß zurückzufinden. Eine Gesellschaft ohne Unterschiede gibt es nicht, aber eine Gesellschaft, in der gleichzeitig Menschen zum Mars fliegen können, während andere hungern, macht auch keinen Sinn.

Eine Collage aus Händen, die Geldbündel und Diamanten halten

Takeaways

  • Extremer Reichtum ist eines der größten Übel unserer Zeit. Milliardär*innen zerstören mit ihrer Gier Gesellschaften, denn ihr Vermögen ist eine Weigerung, zu teilen. In einer Welt mit begrenzten Ressourcen haben sie, was anderen fehlt.
  • Viele Menschen glauben immer noch, dass es okay ist, sich mit harter Arbeit ein Milliardenvermögen aufzubauen. Jedoch ist das nur eine Erzählung, mit der wir uns extreme Unterschiede in unserer Gesellschaft schönreden.
  • Laut dem Ökonomen Thomas Piketty hängt das Maß der Ungleichheit in einer Gesellschaft davon ab, wie viel Ungleichheit in dieser Gesellschaft toleriert wird. Ungleichheit ist also nicht gottgegeben, sondern unsere Entscheidung.
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