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Regeneratives Wirtschaften

Warum wir als Remote-Unternehmen für den CO₂-Ausstoß im Homeoffice verantwortlich sind

Wenn es um regeneratives Wirtschaften geht, müssen Unternehmen mehr Verantwortung übernehmen, auch für das, was im Homeoffice passiert. Scopes schaffen Transparenz und helfen, regeneratives Wirtschaften von Greenwashing zu unterscheiden.

2,9 Tonnen CO2 pro Mitarbeiter*in, 38 Tonnen insgesamt – so lautete die Emissionsbilanz von Neue Narrative im Jahr 2021. Inzwischen konnten wir diese Emissionen kompensieren, aber dabei soll es nicht bleiben. Wir sind entschlossen, ein regeneratives Unternehmen zu werden und unseren CO2-Ausstoß nachhaltig zu reduzieren.1

Wo fängt unsere Verantwortung an?

Unsere größte Emissionsquelle ist die Arbeit im Homeoffice. Aber für welche dieser Emissionen ist Neue Narrative verantwortlich und welche sind privat? Wir dachten, dass es dafür klare Richtlinien geben müsste, gibt es aber nicht. Derzeit existieren überhaupt keine einheitlichen Bilanzierungsstandards für CO2-Emissionen. Unternehmen, die ihre Emissionen freiwillig messen und kommunizieren, können also nach Gutdünken selbst entscheiden, für welche Emissionen sie Verantwortung übernehmen und für welche nicht.

Obwohl die Klimakrise täglich sichtbarer wird, herrscht immer noch eine Art Verantwortungsdiffusion: Regierungen unterschreiben Klimaabkommen, an die sie sich dann nicht halten.2 Große Unternehmen emittieren viel zu viel, werden aber nur selten zur Verantwortung gezogen. Gleichzeitig müssen sie sich zur Klimakrise positionieren und behaupten deshalb, klimaneutral zu sein oder es bald werden zu wollen.3 Und Konsument*innen verlassen sich auf solche Aussagen, weil sie davon ausgehen, dass es eine Kontrollinstanz dahinter geben muss, die in Wahrheit gar nicht existiert.

Unternehmen, die sich ernsthaft regenerativ verhalten wollen, bleibt nur übrig, möglichst selbstkritisch und transparent zu sein. Wir bei Neue Narrative haben die Frage nach unserer Verantwortung fürs Homeoffice deshalb so beantwortet: Lieber fühlen wir uns für zu viele Emissionen verantwortlich als für zu wenige. Wenn wir dadurch auf Dauer mehr CO2 binden können, als wir in die Luft pusten, und unsere Emissionen schneller reduzieren, als wir es uns vorgenommen haben – umso besser. Es gibt kein Zuviel an Klimaschutz.

Zwei Würfel, die aussehen wir Büros schweben vor einer Wolke. In jedem der Büros sitzt ein Mensch am Schreibtisch.

Das Scope-Modell

Noch immer gibt es keine offizielle Norm zur Erstellung von Treibhausgasbilanzen. Darum hat eine private Initiative4 selbst einen Standard geschaffen, den inzwischen viele Organisationen und Regierungen nutzen: Das Treibhausgas-Protokoll (kurz: THG-Protokoll) unterteilt die Emissionen von Unternehmen in drei Bereiche: Scope 1, 2 und 3.5

Das Scope-Modell wird veranschaulicht: Vier Pfeile mit Wolken am Rand bilden gemeinsam eine große Wolke, die voller CO2 ist, oben im Bild.

Scope 1

Dieser Bereich umfasst alle direkten Emissionen aus den Aktivitäten einer Organisation oder ihrer Tochterfirmen. Dazu gehören Emissionen aus Quellen, die das Unternehmen direkt verantwortet, kontrolliert und oft auch besitzt, wie Wärme-, Kälte- und Dampferzeugung. Auch die Emissionen der unternehmenseigenen Fahrzeugflotten oder unbeabsichtigte Emissionen, z.B. aus kaputten Klimaanlagen, gehören dazu.

Für Neue Narrative fällt in diesem Scope fast nichts an, da wir weder eigene Produktionsstätten noch Büros oder Firmenwagen haben.

Scope 2

Hierzu gehören alle indirekten Emissionen aus Energie, also Strom, Wärme und Dampf, die Unternehmen bei externen Versorgern einkaufen, um z.B. für geheizte und klimatisierte Gebäude zu sorgen. Laut dem THG-Protokoll machen Scope-2-Emissionen einen großen Teil der weltweiten Treibhausgas-Emissionen aus. Hier kommt es natürlich darauf an, wie die genutzte Energie produziert wird.

Bei Neue Narrative sind die Emissionen aus Scope 2 erwartungsgemäß deutlich höher als aus Scope 1. Unsere Mitarbeiter*innen heizen und verbrauchen im Homeoffice Strom für technische Geräte, Licht und natürlich auch ihren Kühlschrank.

Scope 3

Darunter fallen alle indirekten Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette entstehen: also alle Emissionen, die eine Folge der Aktivitäten des Unternehmens sind, aber aus unabhängigen externen Quellen stammen. Obwohl Unternehmen diese Emissionen nicht selbst kontrollieren, machen diese schnell den größten Anteil an Treibhausgas-Emissionen aus. Das THG-Protokoll stellt es Unternehmen frei, ob sie sich für diese verantwortlich fühlen oder nicht. Außerdem unterscheidet es zwischen vor- und nachgelagerten Scope-3-Emissionen:

Vorgelagerte Emissionen entstehen innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens, also in Verbindung mit eingekauften Waren und Dienstleistungen. Bei Neue Narrative fallen hierunter Emissionen, die im Druck und beim Transport der Hefte entstehen. Hinzu kommen Reisen und Fahrwege unserer Teammitglieder – z.B. wenn wir uns in Berlin treffen. Außerdem geht es hier um Emissionen, die bei der Produktion unserer Arbeitsmittel entstehen, inklusive digitaler Produkte.

Nachgelagerte Emissionen entstehen in Verbindung mit verkauften Waren und Dienstleistungen, nachdem diese das Unternehmen verlassen haben. Sie werden also z.B. freigesetzt, wenn ihr unser Heft nach dem Lesen recycelt, schließlich entsteht auch dann CO2. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist der Ausstoß, den die Webseiten-Aufrufe und unser Produkt 9 Spaces verursachen.

Die Loopholes im Scope-Konzept

Und Scope 4?

Bislang werden Emissionen, die im Homeoffice entstehen, nicht ins THG-Protokoll einbezogen. Manche Unternehmen argumentieren, dass sie diese Emissionen nichts angehen, da nicht sie, sondern ihre Mitarbeiter*innen den Strom und das Gas beziehen. So konnten sie während der Coronapandemie, als alle Mitarbeiter*innen im Homeoffice waren, behaupten, ihre Emissionen gesenkt zu haben.

Tatsächlich werden im Homeoffice vermutlich gleich viele, wenn nicht sogar mehr Emissionen freigesetzt als im Büro. Stacy Smedley, Nachhaltigkeitsdirektorin beim US-Ableger des Bauunternehmens Skanska, schlägt darum vor, einen Scope 4 für Emissionen im Homeoffice einzuführen.

Das Homeoffice ist Teil von Neue Narrative

In den Homeoffices unserer Mitarbeiter*innen entstehen die meisten Emissionen durch Heizen und den Stromverbrauch technischer Geräte. Da viele von uns zur Miete wohnen, können wir bezüglich der Heizungen wenig tun. Anders beim Strom: Hier verstehen wir uns als mitverantwortlich.

Der einfachste Weg ist, dass alle Ökostrom beziehen. Natürlich können und wollen wir niemanden dazu zwingen, den Stromanbieter zu wechseln, erst recht nicht in Zeiten steigender Strompreise. Jedoch haben wir im Juni 2022 einen freiwilligen Workshop angeboten, bei dem wir zusammen unsere Stromanbieter gewechselt haben. Vielen Menschen fällt es gemeinsam leichter, ihren inneren Schweinehund zu überwinden, und die meisten unserer Kolleg*innen wollten ohnehin zu Ökostrom wechseln.

Die Agenda für den Stromanbieterwechsel-Workshop

Remote-Unternehmen können durchaus zur Verringerung von Emissionen beitragen. Allerdings sind solche Maßnahmen oft kleinteilig und verlangen Kompromisse. Wir können eben nicht einfach als Gesamtunternehmen den Stromanbieter wechseln, sondern müssen bei unseren Mitgliedern ansetzen. Einerseits erkennen wir an, dass das Homeoffice und der private Wohn- und Arbeitsbereich unserer Mitarbeiter*innen in unserer Verantwortung liegt. Andererseits haben wir noch keine ideale Lösung gefunden, um dieser Verantwortung vollständig gerecht zu werden. Darum suchen wir nach Wegen, um zukünftig mehr CO2 auf einen Schlag einzusparen. Eine Idee ist, anteilig den Strom für diejenigen zu bezahlen, die erneuerbare Energien beziehen.

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FUßNOTEN

  • 1

    Neue Narrative ist eine wachsende Organisation, darum werden wir die Gesamtmenge unseres CO2-Ausstoßes in naher Zukunft wohl erst einmal nicht reduzieren. Um aber jetzt schon zu erkennen, ob unsere Reduktionsmaßnahmen wirksam sind, berechnen wir auch die Emissionsmenge pro Mitarbeiter*in.

  • 2

    Laut Climate Change Performance Index (CCPI) tut kein einziges Land weltweit genug, um der Klimakrise angemessen zu begegnen. Im Ranking bleiben die ersten drei Plätze deshalb seit 2005 leer.

  • 3

    Wie leicht das ist, zeigen die Recherchen rund um den Labelschwindel. Zeit: Ein Strauß leerer Versprechen

  • 4

    Die Initiative wurde vom Washingtoner Forschungsinstitut World Resource Institute und dem Unternehmensverband World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) ins Leben gerufen.

  • 5

    World Resources Institute & World Business Council for Sustainable Development: The Greenhouse Gas Protocol (2005)

  • 6

    Zum Weiterlesen: Flip / Benedikt Scherm: Shell auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen (2022)

  • 7

    Robin Wood: Ökostromreport 2020

    Der Report ist nicht ganz neu, bietet aber einen guten Überblick über vertrauenswürdige Anbieter von Ökostrom. Leider wird Robin Wood vorerst keinen weiteren Report herausgeben, da der kleinen NGO dafür die Ressourcen fehlen.

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