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Intro

Man verlernt nie aus

Lernen wird traditionell Kindern zugeschrieben, dabei lernen wir ein Leben lang. Auch in der Arbeitswelt. Organisationen müssen vieles neu lernen und einiges sogar verlernen.

Organisationen sind adaptiv und können sich entwickeln. Und wenn sie relevante Entwicklungen verpassen, werden sie abgehängt. Als Organisationen entwickeln können wir uns aber nur, wenn die Mitarbeiter*innen bereit sind, zu lernen, infrage zu stellen und auch zu verlernen. Aber was ist Lernen überhaupt?

Würde in der Quizsendung Familienduell gefragt werden: „Wir haben 100 Leute gefragt: Wo lernt der Mensch?“, wäre die Top-Antwort vermutlich: „In der Schule.“ Wir assoziieren mit Lernen schnell schulische Bildung und Faktenwissen, aber das ist nur ein kleiner Teil dessen, wie und was wir lernen: Wir lernen ständig, weil wir ansonsten nicht lebensfähig wären. Es beginnt mit Fähigkeiten wie laufen und sprechen, aber auch soziale Kompetenzen wie das Einordnen von Gefühlen und das Finden von Kompromissen müssen erlernt werden. Viele dieser Fähigkeiten erwerben wir beiläufig, ohne dass wir es merken, wenn wir uns etwa einen neuen Arbeitsweg einprägen oder ein neues Gericht kochen – dann lernen wir implizit. Wenn wir bewusst unsere Aufmerksamkeit auf etwas richten, um es uns anzueignen, dann sprechen wir hingegen von intentionalem Lernen.

Die Neue Narrative Ausgabe #20

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Was passiert, wenn wir lernen?

Im Gehirn befinden sich Milliarden Neuronen, die über Synapsen miteinander kommunizieren und zusammen komplexe Netzwerke bilden, die alle Körperfunktionen steuern. Für alle Lernprozesse müssen sich im Gehirn Vernetzungen bilden – ob wir die neue Bank-Pin auswendig lernen, Jonglieren trainieren oder konstruktives Streiten. Am Anfang eines Lernprozesses ist das Gehirn wie ein Wald, in dem kein klarer Weg von A nach B führt. Beim Erlernen einer Fähigkeit bilden sich neue neuronale Pfade.

Allerdings: Nur weil wir etwas einmal erfasst haben, ist es noch lange nicht für immer abgespeichert. Dafür müssen wir bleibende neuronale Strukturen im Langzeitgedächtnis bilden. Wissen, das wir häufig nutzen oder das wir als besonders relevant eingestuft haben im Lernprozess, können wir tendenziell schneller und besser abrufen. Oft und aktiv benutzte Synapsen sind stärker. Weniger benutzte Synapsen können schwächer werden und sich sogar auflösen – dann haben wir die Französischvokabeln aus der 9. Klasse vergessen. Hat das Gehirn ein Lernerfolgserlebnis, wird Dopamin ausgeschüttet, das die Verankerung von Informationen im Gedächtnis zusätzlich unterstützt.

Der Neurowissenschaftler Stanislas Dehaene erklärt in seinem Buch How We Learn, dass Lernerfolg auf vier Säulen beruht.1

Ein Wald aus Bauklötzen, durch welchen ein Pfad führt.
  • Säule 1: Aufmerksamkeitskontrolle
    Unser Gehirn muss bewusst die Entscheidung treffen, die Sache in den Fokus zu nehmen, die gelernt werden soll. Sind wir abgelenkt, wird es schwer.
  • Säule 2: Aktive Beteiligung
    Das Gehirn will das Problem aktiv lösen. Daher muss die Neugier geweckt werden – das kann durch das Stellen von Fragen gelingen.
  • Säule 3: Fehlerkorrektur
    Wir lernen am besten, wenn das Hirn Feedback über Fehlversuche bekommt und Fehler korrigiert.
  • Säule 4: Konsolidierung
    Damit Gelerntes langfristig abgespeichert werden kann und neuronale Verbindungen automatisiert werden, müssen wir gelernte Abläufe und Wissen wiederholen. Es ist effektiver, sich über mehrere Tage kleine Lernhäppchen vorzunehmen als große Brocken an einem Tag zu pauken – unter anderem weil Schlaf enorm wichtig fürs Erinnern ist.

Neben dem Lernen gibt es Bildung. Unter dem Begriff sind viele Aspekte des Lernens versammelt – wie Wissenerwerb, eine Bewertung des gesammelten Wissens, Persönlichkeitsentwicklung und Erziehung. Auch die Vorstellung, dass der Mensch in seiner Persönlichkeit geformt, also gebildet wird im Sinn von „erschaffen“ oder „gestaltet“, hängt damit zusammen.

Zwei Türme aus Bauklötzen, daneben ein kaputter Bauklotz-Stift und ein Stehender Bauklotz-Stift

„Setzen, sechs!“

Viele verbinden mit dem Lernen vor allem ihre Schulzeit und haben daher negative Assoziationen: frustgeladenes Auswendiglernen, Strafen oder Versagensängste. Lehrpläne bestimmen, was wir lernen sollen, und die Lehrer*innen bewerten unsere Leistungen in Form von Noten – und nicht mithilfe von konkretem Feedback, was wir gut gemacht haben und was nicht so gut. Manche verlassen die Schule sogar mit einem Lerntrauma.

Ab dem 18. Jahrhundert wurde in deutschen Landen nach und nach die allgemeine Schulpflicht eingeführt. Friedrich Wilhelm der Erste, König von Preußen, erließ 1717 mit einem Edikt, dass Eltern ihre Kinder mindestens ein- bis zweimal in der Woche zur Schule schicken sollten. In der Schule würden aus den Kindern gute Christ*innen und die wiederum zu guten Untertan*innen und Arbeiter*innen, versprach er sich davon. Auch wenn der Preußenkönig die Schulpflicht damals in der Praxis kaum durchsetzte, legten die preußischen Tugenden wie Gehorsam, Pflicht und Disziplin auch im 20. Jahrhundert noch den Grundton für das Bildungssystem. In der BRD wurde erst vor knapp 70 Jahren die Prügelstrafe abgeschafft. In der DDR wurde sie hingegen als Relikt inhumaner Disziplinierungsmethoden des NS-Regimes schon 1949 verboten.2

Seitdem ist natürlich viel passiert. Aber wir sehen immer noch die Rudimente dieses Bildungssystems. Die meisten Schulen und Ausbildungsstätten sind streng hierarchisch organisiert, performance-orientiert und durch Lehrpläne und zentrale Tests stark standardisiert, wodurch soziale und kognitive Unterschiede unter den Lerner*innen wenig aufgefangen werden können. Hier könnten Schulen von einigen New-Work-Prinzipien profitieren. Sicher brauchen junge Menschen eine gewisse Führung und Orientierung von erwachsenen Personen. Aber die Schule sollte auch einen Rahmen für Partizipation schaffen, in dem Schüler*innen Interessen entwickeln und nachgehen können, eigene Maßstäbe für Erfolg finden und sich als selbstwirksam erfahren.

Eine Figur aus Bauklötzen, die weitere Bauklötze über ihren Kopf hält. Daneben ein Schulranzen aus Bauklötzen.

Fehlende Lernmotivation kann auch daher rühren, dass in den Methoden Erkenntnisse aus der Hirnforschung und der Lernpsychologie nicht genug einbezogen werden. Zwar können sich so gut wie alle noch an spektakuläre Demonstrationen aus dem Chemie-Unterricht wie das Knallgas-Experiment erinnern, weil sich unterhaltsame oder überraschende Erlebnisse einprägen. Aber die trocken referierte Theorie dahinter – wie sich Knallgas chemisch zusammensetzt – lässt sich deutlich schwieriger abspeichern.

Unterrichtskonzepte sind die eine Sache, das Menschenbild eine andere. In Finnland beispielsweise hat die Arbeit mit jungen Leuten sehr hohes Ansehen und das Verhältnis von Lehrkräften und Schüler*innen ist wesentlich unverkrampfter. Schüler*innen und Lehrer*innen sprechen sich mit Vornamen an und duzen sich, und üben gemäß Lehrplan zwischenmenschliche Fähigkeiten. Auch in Deutschland gibt es natürlich progressive Schulen, wie sie etwa im Netzwerk „Schule im Aufbruch“ organisiert sind oder die Evangelische Schule Berlin Zentrum, die eine Lernkultur auf der Basis von Vertrauen, Wertschätzung, Beziehung, Verantwortung und Sinn fördert. In sogenannten „Pulsaren“ erforschen Schüler*innen hier komplexe Themen fächerübergreifend, wobei sie abwechselnd von Lehrer*innen angeleitet und selbstorganisiert arbeiten.

Lebenslanges Lernen

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“: Das Sprichwort zeigt, dass wir das Lernen vor allem am Anfang des Lebens verorten. Das ist ein Fehler! Es gibt Dinge, die wir vermutlich nie richtig lernen werden, wenn wir nicht im frühen Kindesalter damit beginnen – besonders deutlich zeigt sich das beim Spracherwerb. Eine Sprache, die wir nicht vor unserem sechsten Lebensjahr anfangen zu lernen, werden wir vermutlich nie akzentfrei sprechen, weil wir bis dahin die Fähigkeit verlieren, Laute genau nachzuformen. Aber natürlich lernen und entwickeln wir uns ein Leben lang – auch im hohen Alter noch.

Es gibt Dinge, die wir vermutlich nie richtig lernen werden, wenn wir nicht im frühen Kindesalter damit beginnen – besonders deutlich zeigt sich das beim Spracherwerb. [...] Aber natürlich lernen und entwickeln wir uns ein Leben lang – auch im hohen Alter noch.

Lange glaubten Wissenschaftler*innen, dass sich im Gehirn erwachsener Menschen keine neuen Synapsen mehr bilden. Es stimmt zwar, dass die Neuroplastizität bei Kindern ausgeprägter ist. Aber heute wissen wir, dass Nervenzellen sich ständig vernetzen, auch bei Erwachsenen. Außerdem können wir beim Erlernen neuer Dinge auf bereits Erlerntes zurückgreifen – das mildert den Effekt der Neuroplastizität etwas ab, der dazu führt, dass junge Menschen besser lernen.
Die Hirnforschung hat auch gezeigt, dass lebenslanges Lernen von neuen Dingen gut für unser Gehirn ist – es vermindert z.B. das Risiko, an Demenz zu erkranken.3Während einer Studie, für die Erwachsene im Alter von 58 bis 86 Jahren einige Monate lang gleichzeitig an mehreren Kursen teilnahmen – von Spanisch über Musikkomposition bis hin zu Malerei –, verbesserten sie sich nicht nur in Spanisch und beim Malen, sondern einer ganzen Reihe von kognitiven Leistungen gegenüber der Kontrollgruppe, die keinen Unterricht besuchte.4Viele Hochschulen in Deutschland bieten ein Seniorenstudium für Menschen über 60 an, und auch in der Wirtschaft gibt es Spätblüher*innen: Zehn Prozent der Firmengründer*innen sind älter als 55, weitere 20 Prozent zwischen 45 und 55.5

Neue Lern-Leitsätze

Früher arbeiteten viele Menschen nach der Ausbildung ihr Leben lang im selben Betrieb und Berufsbilder waren deutlich starrer. In einer globalisierten digitalisierten Welt ändern sich Umweltbedingungen und auch Jobprofile schneller, und die Kompetenz, sich kontinuierlich – auch branchenübergreifend – weiterzubilden, rückt stärker in den Fokus.6

Eine alte, stehende Person aus Bauklötzen mit einem Gehstock und Kappe.

Glaubenssatz 1: Anfänger sein ist unangenehm.

Viele Erwachsene haben Angst, sich zu blamieren, wenn sie etwas tun, was sie (noch) nicht können – auch so ein Relikt aus einer Zeit, in der Scheitern bestraft wurde. Dabei hat es Vorteile, öfter mal Beginner zu sein. Anfänger können Herausforderungen offener begegnen und daher besser zu neuen Lösungen gelangen. Shunryū Suzuki, Autor des Buches Zen Mind, Beginner's Mind sagt: Im Kopf des Anfängers gibt es viele Möglichkeiten, im Kopf des Experten dagegen nur wenige.” („In the beginner’s mind there are many possibilities, but in the expert’s there are few.”) Ein berühmtes Beispiel dafür ist das „Kerzenproblem”, bei dem Proband*innen eine Kerze an der Wand mithilfe einiger Streichhölzer und einer Schachtel mit Reißnägeln befestigen sollen. Die einzig mögliche Lösung ist es, die Reißnagelschachtel als Podest für die Kerze an der Wand zu befestigen. Viele Erwachsene tun sich damit schwer, weil sie die Schachtel auf ihre Funktion als Aufbewahrungsbehältnis reduzieren. Am besten schneiden in dem Test Fünfjährige ab, da sie offener sind und alles als Hilfsmittel zur Lösung des Problems betrachten.7Es tut uns also gut, uns einen Anfängergeist zuzulegen, zumal der technologische Fortschritt uns alle in gewissem Sinn zu „ewigen Anfänger*innen“ macht.

Glaubenssatz 2: Lernen ist frustrierend und öde.

Leider bestehen viele Weiterbildungsformate im Job wie Trainings oder Webinare hauptsächlich aus langweiligen Referaten und mehr oder weniger sinnvollen Gruppenübungen. Lernen kostet Energie, weshalb unser Gehirn sich nur dann darauf einlässt, wenn die Relevanz des Lernstoffs klar ist. Deshalb war es in der Schule auch so schwierig, sich auf scheinbar unnütze Dinge wie lineare Algebra einzulassen.

In jüngerer Zeit hat ausgerechnet YouTube dafür gesorgt, dass vielen Lernen wieder Spaß macht. Lernvideos und Edutainment erfreuen sich großer Beliebtheit. Ehemals frustrierte Schüler*innen bekommen durch witzige Tutorials wieder Lust, zu lernen. Ähnliches gilt für Sprachlern-Apps. Der Nachteil von Plattformen wie YouTube ist die fehlende Qualitätskontrolle. Da jede*r etwas hochladen kann, existieren neben guten Inhalten jede Menge Falschinformationen. Und das Lernen ist bei Videos und Apps nicht praxisbezogen, sodass die gelernten Inhalte, wenn sie hängenbleiben sollen, anderswo vertieft werden müssen.

Eine gute Mischung aus interessantem Input und aktiver Praxis ist das dänische Leadership-Bildungsprogramm bei Kaospilot, bei dem reale Business-Probleme durch kollaboratives Arbeiten gelöst werden. Doch auch von progressiven Schulen lässt sich noch etwas abgucken. Das didaktische Konzept flipped classroom („umgekehrter Unterricht“) funktioniert z.B. so: Anstatt theoretischen Input in der Schule zu bekommen und mit Hausaufgaben zu üben, konsumieren die Schüler*innen Wissen im eigenen Tempo zu Hause durch Lernvideos und nutzen die Unterrichtszeit, um zu vertiefen und mit einer Person, die Fragen beantworten kann, Gelerntes zu konsolidieren. Dass das funktioniert, ist allerdings auch eine Frage der sozialen Klasse, denn die Voraussetzungen fürs Lernen zu Hause wie genug Ruhe und Platz sowie die entsprechenden Geräte sind vor allem in bildungsnahen Familien gegeben. Für berufliche Lehrgänge von Erwachsenen gibt es ein ähnliches Konzept, bei dem Selbststudium mit Gruppenpraxis in Präsenzveranstaltungen vermischt werden: das Blended Learning.

Glaubenssatz 3: Lernen findet in Schubladen statt:

In der Schule wird Bildung in stark abgegrenzte Fächer aufgeteilt, obwohl Wissen immer in Kontexte eingebunden ist. Und auch in der Arbeitswelt sammeln die meisten immer mehr Spezialwissen in einem Fachgebiet. Wenn man aber Erkenntnisse aus unterschiedlichen Disziplinen kombiniert und Inspiration aus vielen Quellen schöpfen kann, ergeben sich wichtige neue Sinnzusammenhänge. Viele Genies waren keine spezialisierten Nerds, sondern hatten umfassende Interessen. Einstein war beispielsweise Beamter beim Patentamt, begeisterter Geigenspieler, Segler, Spaziergänger und Ornithologe – die Physik war ursprünglich ein Hobby.

Deswegen sollten Schulen Wissen mehr verknüpfen wie etwa im „Phänomen-Unterricht“ (Phenomenon-Based Learning), einem Konzept, bei dem Wissen aus verschiedenen Disziplinen auf reale Situationen angewendet wird.8Und Arbeitgeber*innen sollten ermöglichen, auch irrelevant erscheinende Interessen zu erkunden und verschlungene Pfade einzuschlagen. Auch Buchhalter*innen können von einem Programmierkurs profitieren, wenn sie dadurch zum Beispiel Tätigkeiten automatisieren können.

Stehende Person aus Bauklötzen, die breitbeinig mit Händen in der Hüfte steht.

Die lernende Organisation

In klassischen Organisationen wird Entwicklung immer als das Erklimmen der Karriereleiter verstanden, eine Beförderung wird mit Entwicklungsfortschritt gleichgesetzt. Wenn es nicht weiter nach oben geht, bleibt nur der Weg aus der Organisation. Diese linearen Karrierepfade sind nicht mehr zeitgemäß und Organisationen müssen stattdessen an Inhalten orientierte Weiterentwicklungsräume in Form von vielfältigen Lernmöglichkeiten schaffen. Unter anderem deshalb rücken viele Organisationen seit einer Weile das Thema Weiterbildung in den Fokus, schaffen sogar eigene Learning-and-Development-Abteilungen.
Was dabei noch schiefläuft: Trainings werden häufig top-down angeordnet, Chef*innen oder L&D-Teamleiter*innen entscheiden, was Mitarbeiter*innen lernen sollen. Es gibt dann z.B. einen Standardworkshop für alle Führungspersonen. Viele schalten bei solchen Pflichtprogrammen ab. Besser geeignet ist selbstbestimmtes Lernen, bei dem die Mitarbeiter*innen mit entscheiden können, welche Wissenslücken sie füllen wollen.
Aber individuelle Fortbildungspläne sind noch keine lernende Organisation. Einzelne Expert*innen in Java Script oder Social-Media-Marketing nützen nichts, wenn die Lernprozesse nicht aneinander ausgerichtet werden. Peter Senge bezeichnete diesen Faktor als Teamlernen, als er die fünf Disziplinen einer lernenden Organisation beschrieb:

Bildungsurlaub

Bildungsurlaub.de

1. Personal Mastery: Alle Mitglieder der Organisation verfolgen eigene Lernziele.

2. Mentale Modelle: Die Organisation, vor allem Führungskräfte, stellen verwurzelte Annahmen in Bezug auf die Organisation, ihre Märkte und Konkurrenz infrage

3. Visiondenken: eine lernende Organisation entwirft ein gemeinsames Bild von der Zukunft: Was wollen wir erschaffen, warum und wie?

4. Teamlernen: Anstatt dass jede*r in eine andere Richtung arbeitet, geht die lernende Organisation regelmäßig in Diskussionen und Dialog, z.B. in Retrospektiven.

5. Systemdenken: Der Fokus liegt auf dem Gesamtbild.

Ihr könnt leicht eine Bestandsaufnahme machen, wo ihr in Bezug auf die fünf Disziplinen steht. Habt ihr ein System, wie jede*r persönliche Meisterschaft erlangen kann? Habt ihr regelmäßige Reflexions- und Diskussionsformate? Wie viele kritische Nachfragen werden gestellt? Könnt ihr alle eure Vision benennen?

Ein weiterer wichtiger Baustein von organisationalem Lernen ist, dass Wissen nicht in Silos gehalten, sondern in der Organisation verteilt wird. Eine lernende Organisation schafft Formate, in denen die Mitarbeiter*innen voneinander lernen und Wissen über die Generationen nicht verloren geht.

Neu lernen & verlernen

Bleibt noch die Frage: Was ist in der Zukunft eigentlich wichtig als Organisation zu lernen? Da Maschinen inzwischen netzwerkartig lernen, werden in Zukunft viele Aufgaben von Künstlicher Intelligenz übernommen werden. Fähigkeiten wie emotionale Kompetenzen, Körperintelligenz, Empathie und kritisches Denken, die auch eine schlaue Künstliche Intelligenz vermutlich nie lernen wird, werden daher an Bedeutung gewinnen.

Auch das Verlernen gehört zum Lernprozess dazu, vor allem im Arbeitskontext, wo Biases schnell zu Ungerechtigkeit führen und alte Strukturen sehr festgefahren sein können – z.B. internalisierte Machtstrukturen, Rassismus, Sexismus oder Ableismus. Am Imperial College London wird seit einiger Zeit ein Unconscious Bias Training angeboten, bei dem Mitarbeiter*innen für ihre unbewussten Vorurteile sensibilisiert werden sollen.

Ein Roboter aus Bauklötzen, welcher eine Latzhose trägt. Er steht vor einem vollen Mülleimer, vor welchem der Müll herausquilt und drum herum liegt.

Auch New-Work-Prinzipien wie Selbstorganisation funktionieren nur, wenn Etabliertes verlernt wird. Management-Strukturen zum Beispiel: In hierarchieärmeren Umgebungen müssen Manager*innen lernen, Macht abzugeben und Mitarbeiter*innen dagegen, Macht und Verantwortung anzunehmen. Dafür ist innere Arbeit nötig.

Ein anderes Überbleibsel aus der Arbeitswelt, das sich lohnt zu verlernen: das Ego. Das Ego schafft unnötig Ängste und Leid, indem es uns stetig bewertet und kategorisiert: „Du bist nicht so gut gewesen wie xy.“ Trotzdem haben Organisationen Ego-Denken lange gefördert, durch Ellbogenmentalität, Beförderungen und Gehaltserhöhungen basierend darauf, wer sich am besten darstellt.

Lernen lernen

Wir lernen gerade erst, wie wir neu lernen und verlernen. Aber eins steht fest: Nicht nur Individuen sollten lebenslang lernen, sondern auch Organisationen – sie müssen eine sichere, motivierende und (ergebnis)offene Lernumgebung für Menschen schaffen anstatt primär karriereoptimierte Weiterbildungsplattformen zu bauen, mit denen wir dann die gleichen Fehler wie in unserem Schulsystem machen.

Take-aways

  • Wir lernen ein Leben lang und ständig – bewusst und unbewusst. Besonders gut funktioniert das, wenn wir die vier Säulen des Lernens beachten: Aufmerksamkeitskontrolle, aktive Beteiligung, Fehlerkorrektur und Konsolidierung.
  • Negative Denkmuster übers Lernen entstehen oft durch schulische Erfahrungen, die von autoritären Strukturen, fehlender Lernmotivation und veralteten Lehrmethoden geprägt sind. In der Arbeitswelt müssen wir das Lernen neu lernen und alte Strukturen verlernen.
  • Organisationen müssen eine lernende Kultur schaffen, die auf individuellem sowie kollektivem Teamlernen und dem Austausch von Wissen basiert, um den Herausforderungen einer sich schnell verändernden Welt gerecht zu werden.

Zum Weiterlesen

  • Die fünfte Disziplin von Peter Senge
  • Beginners von Tom Vanderbilt
  • Unlearn Patriarchy von Lisa Jaspers, Naomi Ryland & Silvie Horch (Hrsg.)
  • Brain-based Learning von Eric Jensen
  • Das merk ich mir von Peter C. Brown u.a.

FUßNOTEN

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